Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung einer Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung.

2. Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts bezüglich der Unwirksamkeit einer Vollmacht nach dem AGBG (jetzt §§ 305 ff. BGB) ist jedenfalls auf offensichtliche Unwirksamkeitsgründe beschränkt.

3. Eine für das Grundbuchamt offensichtliche Unwirksamkeit nach § 10 Nr. 4 AGBG (§ 308 Nr. 4 BGB n.F.) liegt in der Regel nicht vor, wenn eine nach außen unbeschränkte Vollmacht Bindungen im Innenverhältnis unterliegt.

 

Normenkette

GBO §§ 19-20; BGB §§ 133, 167; AGBG § 1 Abs. 1, § 10 Nr. 4, § 9

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 13.06.2002; Aktenzeichen 13 T 4623/01)

AG Nürnberg (Beschluss vom 25.04.2001)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin zu 1 werden der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. Juni 2002 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Nürnberg vom 25. April 2001 aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- bzw. Teileigentümer einer Wohnanlage. Die Beteiligten zu 2 bis 8 haben von der Beteiligten zu 1 ihre Wohneinheiten erworben. Die Beteiligte zu 1 ist im Teileigentumsgrundbuch als Teileigentümerin eines Kellerraumes eingetragen.

In sämtlichen Kaufverträgen zwischen der Beteiligten zu 1 und den übrigen Beteiligten ist folgende Klausel enthalten:

„Der Erwerber erteilt dem Veräußerer Vollmacht, die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung beliebig zu ändern und zu ergänzen, sowie sämtliche in diesem Zusammenhang erforderlichen oder zweckdienlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Im Außenverhältnis ist diese Vollmacht unbeschränkt; im Innenverhältnis darf von der Vollmacht nur Gebrauch gemacht werden, wenn die Änderungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Inhalt und Umfang des Sondereigentums oder von Sondernutzungsrechten des Erwerbers ohne seine Zustimmung nicht beeinträchtigen. Kosten dürfen dem Erwerber durch etwaige Änderungen nicht entstehen.”

Weiter ist geregelt, daß die Vollmacht erlischt, wenn der Veräußerer das Eigentum an sämtlichen Einheiten übertragen hat, frühestens mit dem Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch. Von der Vollmacht kann nur vor dem beurkundenden Notar, seinem Vertreter oder Amtsnachfolger Gebrauch gemacht werden, die die im Innenverhältnis geltenden Beschränkungen zu überwachen haben.

Mit notarieller Urkunde vom 29.3.2001 hob die Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und im Namen der übrigen Beteiligten aufgrund der vorgenannten Vollmacht das Sondereigentum an dem Kellerraum auf und teilte den Miteigentumsanteil auf die übrigen Miteigentumsanteile auf. Sie bewilligte und beantragte im Namen aller Beteiligten die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 25.4.2001 die Nachgenehmigung der weiteren Beteiligten in der Form des § 29 GBO verlangt, da die erteilte Vollmacht nicht ausreichend sei.

Die als Erinnerung gegen die Zwischenverfügung bezeichnete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 13.6.2002 zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Am Verfahren beteiligt sind sämtliche Wohnungseigentümer, da diese in der notariellen Urkunde den Eintragungsantrag gestellt haben. Soweit der Notar in seinem Schreiben vom 3.4.2001 an das Grundbuchamt den Eintragungsantrag im Namen „nur des Bestellers/Erwerbers” gestellt hat, ist das keine Einschränkung. Vielmehr ist entsprechend dem Inhalt der Urkunde davon auszugehen, daß der Antrag im Namen all derer gestellt wurde, die in der Urkunde selbst den Antrag gestellt haben.

Dies konnte im Rubrum klargestellt werden.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die in den Kaufverträgen enthaltene Vollmacht genüge nicht dem das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz. Eine Auslegung hinsichtlich der Kostentragung führe nicht zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis. Unklar sei, um welche Kosten es sich handele. Es ergebe sich aus der Urkunde nicht, ob es sich dabei lediglich um etwa anfallende Notar- bzw. Grundbuchgebühren handele oder ob damit auch die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG gemeint seien.

Die Regelung bezüglich der Kosten betreffe auch nicht nur das Innenverhältnis. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenverhältnis werde innerhalb eines Satzes durch mittels Strichpunkt getrennte Halbsätze vorgenommen. Im Anschluß daran finde sich die Regelung über die Kosten. Es sei nicht eindeutig feststellbar, ob dieser Satz lediglich eine Ergänzung der Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis darstelle oder sich auf die Vollmacht insgesamt beziehe. Der Umfang der Vollmacht im Außenverhältnis sei deshalb nicht eindeutig und sicher auslegbar.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Die Vollmachten zur Abgabe von Eintragungsbewilligungen und Eintragungsanträgen hat das Rechtsbeschwerdegericht selbständig auszulegen, da es um die Wirksamkeit von Verfahrenshandlungen ...

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