Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsstand bei Verletzung von Pflichten eines Wirtschaftsprüfers
Leitsatz (amtlich)
Erfüllungsort (§ 269 BGB) für die vom Abschlussprüfer vertraglich zu erbringenden Leistungen ist - vorbehaltlich anderweitiger vertraglicher Bestimmung - einheitlich der Sitz der zu prüfenden Gesellschaft, weil die Abschlussprüfung (§§ 316 ff. HGB) die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschaft vorbereitet und somit sämtliche im Rahmen der Prüfung anfallende Tätigkeiten unabhängig davon, wo sie im Einzelfall auftreten oder ausgeführt werden, engsten Bezug zum Sitz der zu prüfenden Gesellschaft haben.
Normenkette
BGB § 269; HGB § 316; InsO § 21 Abs. 2, § 86; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 240
Tenor
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat im Zeitraum von Januar 2013 bis Februar 2018 zu Kapitalanlagezwecken in verschiedene, mittlerweile insolvente Gesellschaften der P& R-Gruppe investiert. Für den hierdurch erlittenen Schaden fordert sie in dem beim Landgericht Regensburg anhängigen Rechtsstreit Ausgleich von den Antragsgegnern zu 1) und zu 2).
Der Antragsgegner zu 1), ein im Bezirk des angerufenen Landgerichts wohnhafter Wirtschaftsprüfer, hatte als für die P& R-Gruppe tätiger Abschlussprüfer im hier maßgeblichen Zeitraum den Jahresabschlüssen gruppenzugehöriger Gesellschaften eingeschränkt positive Testate erteilt. Die Antragstellerin macht geltend, sie sei als Anlegerin in den Schutzbereich der zwischen den Gesellschaften und dem Antragsgegner zu 1) geschlossenen Prüfverträge einbezogen. Sie nimmt den Antragsgegner zu 1) auf Schadensersatz durch Zahlung in Höhe der investierten Beträge Zug um Zug gegen Abtretung der Rechtsposition(en) aus den von ihr gezeichneten Kauf- und Mietverträgen über Container in Anspruch. Entgegen seiner Pflicht zu gewissenhafter und unparteiischer Prüfung habe der Antragsgegner zu 1) Feststellungen dazu unterlassen, ob den Anlegern tatsächlich die aus der Vermietung von jeweils konkret zuordenbaren Containern erzielten Mieteinnahmen weitergeleitet worden seien. Weil ihm ein wesentlicher Teil des als sog. Sachwertanlage konzipierten Kerngeschäfts der Gesellschaften nicht offengelegt worden sei, wäre ein negativer Versagungsvermerk notwendig gewesen.
Mit ihrer Klageerweiterung vom 31. Oktober 2018 auf den im Bezirk des Landgerichts München I wohnhaften Gründer des Anlagesystems P& R, diesem zugestellt am 4. Dezember 2018, machte die Antragstellerin dessen gesamtschuldnerische Haftung für den erlittenen Anlageschaden geltend. Gestützt auf ein im Insolvenzverfahren über das Vermögen der P& R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs GmbH eingeholtes Gutachten trug sie vor, die P& R-Gruppe sei seit 2007 nicht mehr in der Lage gewesen, mit den Einnahmen aus der vorhandenen Container-Flotte die bestehenden Verpflichtungen gegenüber den Anlegern zu decken. Aus diesem Grund seien die von Anlegern eingeworbenen Gelder abredewidrig nicht zum Kauf von Containern, sondern zur Begleichung laufender Verpflichtungen gegenüber Bestandskunden verwendet worden. Weil der weitere Beklagte dieses Schneeballsystem gekannt und aufgrund seines bestimmenden Einflusses in der P& R-Gruppe maßgeblich daran mitgewirkt habe, hafte er den Anlegern persönlich aus Delikt, außerdem wegen Insolvenzverschleppung.
Mit Beschluss des Amtsgerichts München - Abteilung für Insolvenzsachen - vom 4. Dezember 2018 wurden am selben Tag um 11:00 Uhr das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zweitbeklagten (künftig: Schuldner) angeordnet und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO auferlegt. Mit Beschluss vom 6. März 2019 wurden das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsgegner zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt.
Die Klage gegen den Schuldner stellte die Antragstellerin gemäß Schriftsatz vom 4. März 2019 (berichtigt mit Schriftsatz vom 29. März 2019) auf den Antragsgegner zu 2) um, diesem über seine Prozessbevollmächtigten zugestellt am 25. März 2019. Sie erstrebt nun dessen Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung in ein im Bezirk des Landgerichts München I gelegenes Grundstück des Schuldners, und zwar aufgrund eines gegen Letzteren am 18. September 2018 beim Landgericht München I wegen einer Forderung in eingeklagter Höhe erwirkten Arrestbefehls und der auf dieser Grundlage am 20. September 2018 in das Grundbuch eingetragenen Arresthypothek. Die geänderte Klage diene der Durchsetzung des aus der Hypothek folgenden Absonderungsrechts.
Der Antragsgegner zu 2) erhob mit Schriftsatz vom 25. April 2019 Widerklage, mit der er von der Antragstellerin die Abgabe einer Bewilligung zur Löschung der Sicherungshypothek verlangt. Die weniger als drei Monate vor Insolvenzantragstellung erwirkte Hypothek sei als inkongruente Sicherung anfechtbar. Unabhängig davon bestünden die zugrundeliegenden Ansprüche der Klagepartei gegen den Schuldner nicht...