Leitsatz (amtlich)

1. Der Notar ist nicht nur zur richtigen, sondern auch zur kostensparenden und damit grundsätzlich zur billigsten Sachbehandlung verpflichtet.

2. Verletzt der Notar diese Pflicht, dann sind die durch die unrichtige Vorgehensweise verursachten Mehrkosten gemäß §§ 141, 16 Abs. 1 KostO nicht zu erheben bzw. zurückzuerstatten. Es werden lediglich solche Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Kosten, die auch bei richtiger Behandlung angefallen wären, müssen erhoben werden, da die Beteiligten durch die unrichtige Sachbehandlung keinen Vorteil haben sollen.

 

Normenkette

BeurkG § 17; BNotO §§ 19, 24; KostO §§ 16, 141, 156

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Entscheidung vom 15.05.2000; Aktenzeichen 1 T 23/99)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 15. Mai 2000 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Bamberg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1 gründete mit den Beteiligten zu 2 und 3 eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Ziel der Gesellschaft war es, ein Grundstück zu erwerben, zu bebauen und auf die Gesellschafter zu verteilen.

Mit Urkunde vom 19.3.1998 (erste Urkunde) beurkundete der Notar einen Vertrag, mit dem die Verkäuferin das Grundstück an die Gesellschafter verkaufte; zugleich wurde die Auflassung erklärt. Nachträglich stellte sich heraus, daß die Urkunde nicht vollzogen werden konnte, weil die Verkäuferin bereits zu notarieller Urkunde des weiteren Beteiligten das Grundstück gemäß § 8 WEG aufgeteilt hatte und im Wohnungsgrundbuch bereits neun Wohnungseigentumsanteile eingetragen waren. Mit Nachtrag vom 6.4.1998 (zweite Urkunde), beurkundete der Notar, daß Kaufobjekt der ersten Urkunde das gesamte im Wohnungsgrundbuch vorgetragene Raumeigentum (Wohnungen 1 mit 9) ist. Mit weiterem Nachtrag vom 14.7.1998 (dritte Urkunde) schlossen die erwerbenden Gesellschafter einen Bauherrnvertrag (Anlage zu dieser Urkunde), einigten sich über die Beteiligungsquoten er Gesellschafter und teilten die einzelnen Wohnungen den Gesellschaftern individuell zu. Mit Nachtrag vom 8.10.1998 (vierte Urkunde) beurkundete der Notar ergänzend zu einer früher von ihm beurkundeten Teilungserklärung und zu der dritten Urkunde vom 14.7.1998 die Einigung der Vertragsteile über eine bestimmte Festlegung der Miteigentumsanteile nebst Sondereigentum und die Zuweisung dieser Anteile an die Gesellschafter.

Für die erste Urkunde stellte der Notar 1 871,28 DM in Rechnung. Diese Rechnung wurde beglichen. Die zweite und vierte Urkunde wurden nicht berechnet. Die Rechnung für die dritte Urkunde will der Beteiligte zu 1 nicht bezahlen. Er ist der Meinung, daß alle Nachträge nur erfolgt seien, um die vom Notar zu verantwortenden Fehler bei der Errichtung der ersten Urkunde zu heilen und die Vollzugsfähigkeit zu erreichen.

Nach Ansicht des Notars ist lediglich die zweite Urkunde kostenfrei, weil die dortigen Details bereits in die erste Urkunde hätten aufgenommen werden können. Die dritte Urkunde enthalte neue rechtsgeschäftliche Erklärungen im Zusammenhang mit der Bildung von Beteiligungsquoten und die Zuweisungen der einzelnen Wohnungen. Die Art der Beteiligung sei zum Zeitpunkt der ersten Beurkundung nicht bekannt gewesen, sondern von den Gesellschaftern nachträglich so festgelegt worden. Nach Anhörung der Notarkasse faßte der Notar die Kostenrechnung für die dritte Urkunde neu.

Das Landgericht hat auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 die Kostenrechnung aufgehoben. Dagegen wendet sich der Notar mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde.

II.

Das gemäß § 156 Abs. 2 KostO statthafte, insbesondere vom Landgericht zugelassene Rechtsmittel, führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Notar habe für die dritte Urkunde wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 KostO) Gebühren nicht erheben dürfen. Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sei die neue, berichtigte Kostenrechnung vom 17.1.2000. Der Notar habe gegen die ihm obliegende Prüfungs- und Belehrungspflicht verstoßen und bei der ersten Beurkundung nicht beachtet, daß das Kaufgrundstück bereits gemäß § 8 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt gewesen sei. Aus dem der Urkunde beigefügten Gesellschaftsvertrag habe sich ergeben, daß die Gesellschafter das Wohneigentum auf die einzelnen Gesellschafter aufteilen wollten. Vertragsgegenstand sollte damit nicht das Grundstück, sondern das bereits gebildete Wohnungseigentum sein. Bei sorgfältiger Prüfung des Willens der Vertragsparteien hätte dem Notar klar sein müssen, daß das vorgegebene Ziel der Aufteilung der einzelnen Wohnungen auf die jeweiligen Gesellschafter durch die ersten beiden Urkunden nicht zu erreichen war, sondern erst durch die vierte Urkunde erreicht werden konnte. Der Notar sei nicht nur zur richtigen, sondern auch zur kostensparenden und damit grundsätzlich billigsten Sachbehandlung verpflichtet. Bei vollständiger Information über...

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