Leitsatz (amtlich)

1. Eine getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung stellt keine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO dar, es sei denn, die Sicherungsinteressen des Verkäufers stehen infolge besonderer Umstände einer gemeinsamen Beurkundung nicht entgegen.

2. Wird nicht darüber belehrt, daß Kaufvertrag und Auflassung auch gemeinsam beurkundet werden können, stellt dies jedenfalls dann keine unrichtige Sachbehandlung dar, wenn sich aufgrund besonderer Gegebenheiten ein Unterlassen der Belehrung nicht mehr als gesteigert fehlerhaft i. S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO darstellt.

 

Normenkette

KostO § 16 Abs. 1 S. 1, § 44 Abs. 1 S. 1, § 156; BeurkG § 17 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 02.05.2000; Aktenzeichen 13 T 20508/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 2. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte hat dem Notar die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 548,68 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der beteiligte Notar beurkundete am 10.12.1998 einen Kaufvertrag, wonach die Beteiligte von einem Bauträger eine im Bau befindliche, noch nicht fertiggestellte Eigentumswohnung erwarb. Nach Anlage II Abschnitt B des Vertrages war der Kaufpreis nach Baufortschritt zu bezahlen. Als Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit war gemäß Anlage I Abschnitt 4 des Kaufvertrags der 31.3.1999, als Zeitpunkt der Fertigstellung der 31.5.1999 vereinbart. Die Vertragsteile verpflichteten sich gemäß Abschnitt II der Urkunde, nach Fertigstellung der Eigentumswohnung und vollständiger Bezahlung des Kaufpreises, der Steuern und Kosten die Auflassung zu erklären. Die Beteiligte bevollmächtigte den Bauträger zur Abgabe der Auflassungserklärung.

Am 24.8.1998 beurkundete der Notar die Auflassung. Hierfür erteilte er am selben Tag eine Kostenrechnung über DM 548,68.

Die Beteiligte bezahlte diese Rechnung nicht, da sie der Auffassung ist, die Auflassung hätte zusammen mit dem Kaufvertrag beurkundet werden müssen. Mit der gegen die Kostenrechnung erhobenen Beschwerde macht sie geltend, die Kosten seien wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben. Dem Sicherungsinteresse der Verkäuferin hätte es genügt, wenn der Notar in der Urkunde angewiesen worden wäre, vor vollständiger Bezahlung des Kaufpreises keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Vertragsurkunde zu erteilen. Dieses Vorgehen habe sich insbesondere auch deshalb angeboten, weil die Vertragsparteien bei Abschluß des Vertrages die Möglichkeit einer Übergabe der Wohnung bereits Ende Februar 1999 ins Auge gefaßt hätten, die Übergabe sei auch tatsächlich zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Damit sei der Kaufpreis mit Ausnahme der letzten Rate von 3,5 % zeitnah zur Beurkundung zahlbar gewesen. Jedenfalls hätte über die Möglichkeit einer geringere Kosten verursachenden gemeinsamen Beurkundung belehrt werden müssen.

Der beteiligte Notar wandte hiergegen unter Vorlage eines entsprechenden Schreibens des Bauträgers ein, daß ein derartiges Vorgehen nicht in Betracht gezogen worden sei, weil die Verkäuferseite gemäß ihrer ständigen Praxis zu einer Beurkundung der Auflassung bereits bei Abschluß des Kaufvertrages nicht bereit gewesen sei.

Die Beteiligte bestritt, daß die Bauträgerfirma in einem Ausnahmefall wie dem vorliegenden, bei dem die Bezugsfertigstellung bereits für Februar 1999 für möglich erachtet worden sei, nicht bereit gewesen wäre, die Auflassung sogleich zu erklären, falls die Käuferin darauf bestanden hätte.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 2.5.2000 die Beschwerde zurückgewiesen. Eine unrichtige Sachbehandlung habe nicht vorgelegen. Die getrennte Beurkundung sei zur Sicherung der Verkäuferin erfolgt. Über die Möglichkeit gleichzeitiger Beurkundung hätte auch nicht belehrt werden müssen, da eine Überwachung des Kaufpreiseingangs durch den Notar keine gleichwertige Alternative dargestellt und zudem ohnehin hierfür seitens der Verkäuferin keine Bereitschaft bestanden habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde.

II.

Die zugelassene und auch im übrigen zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten (§ 156 Abs. 2 und 4 KostO) ist unbegründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, § 550 ZPO).

1. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO i.V.m. § 141 KostO werden Notarkosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO ist allerdings nur anzunehmen, wenn dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist. Dagegen rechtfertigt nicht jede irrtümliche Beurteilung von Rechtsfragen oder jeder Verstoß gegen irgendwelche Rechtspflichten die Anwendung dieser Vorschrift (BGH NJW 1962, 2107; BayObLGZ 1987, 186/193; Korintenberg/Bengel KostO 14. Aufl...

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