Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anfechtung der Anordnung einer Testamentsvollstreckung wegen Irrtums über die künftige Entwicklung des Erben und zum Verhältnis zwischen ergänzender Auslegung und Anfechtung in einem solchen Fall.
2. Zum Geschäftswert einer Beschwerde, bei der es nicht um die Feststellung des Erbrechts geht, sondern um die Berechtigung eines Testamentsvollstreckervermerks.
Normenkette
BGB § 2078; KostO § 30
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 8 T 2986/98) |
AG Starnberg (Aktenzeichen VI 790/97) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 22. September 2000 wird, soweit sie die Hauptsache betrifft (Nr. I bis III), zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 3 hat den Beteiligten zu 1 und 2 die diesen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 135.000 DM festgesetzt.
IV. In Abänderung von Nr. V des Beschlusses des Landgerichts München II vom 22. September 2000 wird der Geschäftswert für das Beschwerde verfahren auf 67.500 DM festgesetzt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen diese Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts München II hat sich damit erledigt.
Gründe
I.
Der Erblasser ist 1997 im Alter von 63 Jahren wenige Tage nach einer Operation verstorben. Sein Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem bebauten Grundstück im Verkehrswert von ca. 1,3 Mio. DM und einem Wertpapierdepot im Wert von ca. 50.000 DM. Er war geschieden. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind seine 1970 bzw. 1972 geborenen Kinder aus der geschiedenen Ehe. Sie lebten nach der Scheidung zunächst bei der Mutter, der auch die elterliche Sorge übertragen worden war, bis diese anfangs 1988 nach Australien auswanderte. Seit dieser Zeit lebten sie bei ihrem Vater, dem Erblasser.
Dieser hatte am 15.1.1985 ein eigenhändiges Testament errichtet, in welchem er seine Kinder, die Beteiligten zu 1 und 2, als seine Erben einsetzte, die Auseinandersetzung über das Grundstück aber für die Dauer von 15 Jahren ab Eintritt des Erbfalls ausschloß. Dieses Testament gab er in amtliche Verwahrung.
Am 20.10.1989 errichtete er ein weiteres eigenhändiges Testament, in dem er „zusätzlich zu meinem Testament …” (vom 15.1.1985) „für die in meinem Testament genannte Frist” Testamentsvollstreckung hinsichtlich des gesamten Nachlasses anordnete und den Beteiligten zu 1 zum Testamentsvollstrecker ernannte. Es enthält dafür folgende Begründung:
„Meine Tochter … (die Beteiligte zu 2) ist in Kreise geraten, die vermuten lassen, daß sie nicht in der Lage sein wird, ihr Erbe dem Testament entsprechend zu verwalten.”
Die Beteiligte zu 2 hatte zu dieser Zeit einen Freund, den der Erblasser ablehnte und des Drogenkonsums sowie krimineller Handlungen verdächtigte. Die daraus resultierenden – auch tätlichen – Auseinandersetzungen zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 2 hatten schließlich dazu geführt, daß das Jugendamt sich eingeschaltet hatte, daß ferner dem Erblasser die Personensorge für die Beteiligte zu 2 entzogen und die Beteiligte zu 2 in einem betreuten Wohnheim untergebracht worden war.
Mit weiterem eigenhändigem Testament vom 9.11.1992 änderte der Erblasser seine letztwilligen Verfügungen erneut ab. Er ordnete nunmehr an:
„Ergänzung zu meinem beim AG … hinterlegten Testament:
Mein Sohn … (der Beteiligte zu 1) wird zum Testamentsvollstrecker über mein gesamtes Erbe ernannt (§ 2197 BGB). Die Testamentsvollstreckung endet erst mit dem Tod seiner Schwester … (der Beteiligten zu 2). Sie hat sich groben Undanks (§ 530 BGB) mir gegenüber schuldig gemacht.
… (der Beteiligte zu 1) hat dafür zu sorgen, daß die Dauervollstreckung eingehalten wird. Andernfalls ist von Amts wegen ein Testamentsvollstrecker einzusetzen.”
Das Nachlaßgericht erteilte den Beteiligten zu 1 und 2 auf ihren Antrag am 8.10.1997 einen gemeinschaftlichen Erbschein, der sie als Erben je zur Hälfte auswies und angab, daß Testamentsvollstreckung in Form der Dauer Vollstreckung angeordnet sei, die mit dem Tod der Beteiligten zu 2 ende.
Der Beteiligte zu 1 nahm das Amt des Testamentsvollstreckers an, beantragte aber kein Testamentsvollstreckerzeugnis.
Die Beteiligten zu 1 und 2 waren zugleich testamentarische Miterben zu je 1/4 nach ihrer am 20.12.1984 verstorbenen Großmutter. Zu deren Nachlaß gehörte ein neben dem des Erblassers gelegenes Grundstück. Dritter Miterbe – zu 1/2 – war ein Cousin der Beteiligten zu 1 und 2. Die Großmutter hatte ebenfalls die Auseinandersetzung hinsichtlich des Grundstücks auf die Dauer von 15 Jahren, also bis 20.12.1999, ausgeschlossen und für diese Zeit Testamentsvollstreckung angeordnet. Testamentsvollstrecker war ihr Sohn, der Erblasser.
Am 22.12.1997 schlossen die Beteiligten zu 1 und 2 unter sich und mit ihrem Cousin notariell beurkundete Verträge zur Auseinandersetzung beider Nachlässe. Zum Vollzug dieses Vertrages im Grundbuch kam es nicht. Das Grundbuchamt beanstandete, daß es hins...