Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anwendbarkeit deutschen Erbrechts beim Tod eines niederländischen Erblassers mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte in diesem Fall.
2. Zur Auslegung einer Vollmacht als Alleinerbeneinsetzung.
Normenkette
BGB §§ 133, 2247, 2369; EGBGB Art. 4, 25
Verfahrensgang
AG Coburg (Aktenzeichen VI 213/97) |
LG Coburg (Aktenzeichen 41 T 52/00) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Coburg vom 29. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die der Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Antrag der Beteiligten zu 1, ihr für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
IV. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 69.000,– festgesetzt.
Gründe
I.
Die Erblasserin, eine niederländische Staatsangehörige, ist am 22.1.1997 im Alter von 85 Jahren verstorben. Sie war verwitwet und kinderlos und lebte in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, zuletzt in einem Altenheim. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Guthaben bei einer Bank in Deutschland.
Die Beteiligte zu 1, eine Verwandte der Erblasserin, beantragte am 13.4.2000 die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie stützt die von ihr geltend gemachte Erbenstellung auf ein von der Erblasserin eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Schriftstück vom 8.3.1995, das die Überschrift „Vollmacht” trägt und wie folgt lautet:
„Ich, Unterzeichnete, gebe Vollmacht Frau … (Beteiligte zu 1) und ihrer Tochter
zur Verfügung meiner Bargeld-Beträge und aller Konten meines Besitzes.”
Die Beteiligten zu 2, 3 und 4 sind Enkel eines Bruders des Vaters der Erblasserin. Sie haben keinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, jedoch der Erteilung eines Erbscheins an die Beteiligte zu 1 widersprochen.
Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 mit Beschluß vom 22.8.2000 zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluß vom 29.9.2000 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
II.
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig, aber nicht begründet. Prozeßkostenhilfe kann ihr nicht bewilligt werden, da die weitere Beschwerde von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg war (§ 14 FGG i.V.m. § 114 ZPO).
1. Das Landgericht hat ausgeführt, zur Entscheidung über den Erbscheinsantrag seien die deutschen Gerichte jedenfalls international zuständig. Dies ergebe sich für den Fall, daß die Erblasserin nach deutschem Recht beerbt wurde, aus dem Erfordernis des Gleichlaufs von anwendbarem Recht und internationaler Zuständigkeit und für den Fall, daß die Erblasserin nach niederländischem Recht beerbt wurde, im Hinblick auf die im Inland befindlichen Vermögensgegenstände aus § 2369 BGB.
Die von der Beteiligten zu 1 beanspruchte Alleinerbenstellung könne allenfalls aus dem Schriftstück vom 8.3.1995 hergeleitet werden. Dieses könne jedoch nicht als eine von ernstlichem Testierwillen getragene letztwillige Verfügung der Erblasserin angesehen werden. Bereits die konkrete Gestaltung der Urkunde spreche gegen einen Testierwillen der Erblasserin. Diese habe das Schriftstück mit „Vollmacht” überschrieben und in der nächsten Zeile formuliert, sie „gebe Vollmacht”. Die Erblasserin habe auch konkret angegeben, daß sich die Vollmacht auf die Verfügung über ihr Bargeld und ihre Konten beziehen solle. In zeitlichem Zusammenhang mit der handschriftlichen Vollmacht vom 8.3.1995 habe die Erblasserin am 26.6.1995 außerdem auf einem Formularvordruck ihrer Bank der Beteiligten zu 1 eine Konto- und Depot vollmacht über den Tod hinaus erteilt. Aus bei den Akten befindlichen Schriftstücken der Erblasserin ergebe sich, daß diese die Wörter „Testament” und „Vollmacht” in jeweils passendem Zusammenhang gebraucht habe; dies spreche dafür, daß sie den Unterschied zwischen den beiden Begriffen gekannt habe. Es gebe daher keinen Ansatzpunkt für die Annahme, daß es sich bei der Bezeichnung des Schriftstücks vom 8.3.1995 als „Vollmacht” lediglich um eine Falschbezeichnung gehandelt habe. Den von der Beteiligten zu 1 und ihren Söhnen behaupteten Bekundungen eines allgemeinen Willens der Erblasserin, der Beteiligten zu 1 solle nach dem Tod der Erblasserin das restliche Vermögen gehören, könne keine Bedeutung zukommen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Landgericht hätte allerdings seiner Beurteilung des Erbscheinsantrags nicht deutsches Recht zugrundelegen dürfen, ohne zuvor positiv festzustellen, daß das Erbstatut sich nach deutschem Recht bestimmt.
a) Daß die Erblasserin tatsächlich nach deutschem Recht beerbt wird, ergibt sich aus folgendem:
Da die Erblasserin niederländische St...