Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Formerfordernissen eines in New York/USA von einem Deutschen errichteten Testaments.

2. Zum Umfang der Ermittlungspflicht bei Feststellung der Testierunfähigkeit.

 

Normenkette

BGB § 2229 Abs. 4, § 2358 Abs. 1; EGBGB Art. 3 Abs. 3, Art. 25 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1; FGG § 12

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 5 T 339/02)

AG Straubing (Aktenzeichen VI 587/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 23.10.2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2) hat die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Beschwerdewert wird auf 83.850 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin ist im Alter von 69 Jahren in New York/USA verstorben, wo sie seit den fünfziger Jahren Wohnsitz und Aufenthalt hatte. Sie war in New York als Hausangestellte und Kindermädchen bei den Eltern des Beteiligten zu 1) tätig und wohnte jahrzehntelang im Haushalt ihrer Arbeitgeber, später in einer ihr von diesen zur Verfügung gestellten Wohnung in der Nachbarschaft und zuletzt in einem Pflegeheim.

Die Erblasserin besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr Nachlass besteht aus einer Eigentumswohnung in Straubing und einem Guthaben bei einem dortigen Geldinstitut.

Die Erblasserin errichtete am 29.7.1974 vor einem Notar in Straubing ein Testament, in dem sie ihre Schwester S. als Alleinerbin und deren Abkömmlinge zu Ersatzerben einsetzte. S. ist 1999 vorverstorben. Deren Abkömmlinge sind der Beteiligte zu 2) und dessen 2002 nachverstorbener Bruder B.; Letzterer ist von dem Beteiligten zu 2) und dem Beteiligten zu 3) je zur Hälfte beerbt worden.

Am 18.3.1998 errichtete die Erblasserin vor einem Notar in New York ein sog. 2-Zeugen-Testament, in dem sie den Beteiligten zu 1) als Alleinerben einsetzte. Das Testament ist maschinenschriftlich abgefasst und a.E. von der Erblasserin eigenhändig unterschrieben worden. In der Attestklausel, welche der Unterschrift der Erblasserin folgt, haben zwei Zeugen am 18.3.1998 bekundet, dass das Testament von der Erblasserin unterschrieben und als ihr Testament bezeichnet worden ist, dass dies bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Zeugen geschehen ist und dass sie in Gegenwart und auf Ersuchen der Erblasserin und bei ihrer gleichzeitigen Anwesenheit ihre Unterschrift als Zeugen unter das Testament gesetzt haben. Die Zeugen haben mit ihrem Namen und ihrer Anschrift die Attestklausel unterzeichnet.

Der Beteiligte zu 2) hat, gestützt auf das Testament vom 29.7.1974, die Erteilung eines Erbscheins beantragt, demzufolge die Erblasserin von ihm und seinem Bruder B. je zur Hälfte beerbt worden ist. Er hat geltend gemacht, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments vom 18.3.1998 nicht testierfähig gewesen, und hat die Anfechtung des Testaments erklärt. Der Beteiligte zu 1) ist dem entgegengetreten und hat beantragt, den Erbscheinsantrag zurückzuweisen.

Das nach § 73 Abs. 2 S. 1 FGG zuständige AG Schöneberg hat die Sache mit Beschluss vom 3.9.2001, da die Nachlassgegenstände sich im Bezirk des AG Straubing befinden, aus wichtigen Gründen gem. § 73 Abs. 2 S. 2 FGG an das AG Straubing abgegeben.

Das AG hat zu den in Bezug auf die Testierfähigkeit der Erblasserin aufgeworfenen Fragen durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Mit Beschluss vom 10.6.2002 hat es den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen und ausgeführt, durchgreifende Bedenken gegen die Testierfähigkeit der Erblasserin seien nicht ersichtlich.

Gegen den Beschluss des AG hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 9.7.2002 Beschwerde eingelegt. Das LG hat daraufhin zu der Frage, ob die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 18.3.1998 testierfähig war, ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie Medizinaldirektor erholt und sodann mit Beschluss vom 23.10.2002 die Beschwerde des Beteiligten zu 2) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Auf Grund der Bindungswirkung des Abgabeschlusses des AG Schöneberg (§ 73 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 FGG) war das AG Straubing und somit auch das LG Regensburg als Beschwerdegericht (vgl. § 19 Abs. 2 FGG) örtlich zuständig.

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht deutsches materielles Erbrecht angewandt und sind – ohne dies ausdrücklich zu prüfen – zutreffend von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Erteilung des von dem Beteiligten zu 2) beantragten Erbscheins ausgegangen.

a) Die erbrechtliche Rechtsnachfolge in das Vermögen der Erblasserin unterliegt im Hinblick auf deren deutsche Staatsangehörigkeit gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Die Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 3 EGBGB, der den Vorrang eines von dem Gesamtstatut verschiedenen Belegenheitsstatuts anordnet, soweit das Recht des Belegenheitsstaats für auf seinem Gebiet belegene Vermögensgegenstände besondere Vorschriften enthält, ist be...

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