Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpflichtung eines Wohnungseigentümers, einen Vorschuß auf seinen Anteil an den Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums und an den Kosten der Verwaltung zu tragen, entsteht nicht kraft Gesetzes, sondern nur durch den Beschluss der Wohnungseigentümer über den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne.

2. Auf den Wirtschaftsplan für ein bestimmtes Kalenderjahr können Zahlungsansprüche grundsätzlich nur für dieses Jahr gegründet werden.

3. Der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer über die Fortgeltung des Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan übersteigt nicht die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 2292/01)

AG Kempten (Aktenzeichen 34 UR II 17/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 8.10.2002 insgesamt und der Beschluss des AG Kempten (Allgäu) vom 5.10.2001 insoweit aufgehoben, als über die Kosten entschieden die Antragsgegner samtverbindlich verpflichtet wurden, an die Antragsteller 2.100 DM nebst Zinsen zu zahlen. Insoweit wird der Antrag abgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.073 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, dass die laufenden Lasten und Kosten nach Maßgabe eines jährlich aufzustellenden Wirtschaftsplans berechnet und in monatlichen Raten zu bezahlen sind (§ 14), ferner dass das Hausgeld jährlich einmal durch den Verwalter abgerechnet wird (§ 15).

Am 3.11.1994 fand eine Eigentümerversammlung statt; über diese ist im Protokoll u.a. vermerkt:

Bei der Versammlung am 3.11.1994 wurden folgende Punkte festgelegt.

Die Abgaben betragen ab dem 1.1.1995 für die sechs großen Wohnungen 100 DM Heizung, 80 DM Nebenkosten und 50 DM Rücklage, welche jeden Monat zum 1. auf das Hauskonto zu überweisen sind. Für die kleine Wohnung sind 100 DM Heizung, 80 DM Nebenkosten und 30 DM Rücklage zu bezahlen.

Die Antragsteller tragen, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, vor, die Antragsgegner hätten für die Monate August bis Dezember 2000 und für Januar bis Mai 2001 kein Wohngeld bezahlt. Sie sind der Auffassung, am 3.11.1994 sei ein Eigentümerbeschluss über einen Wirtschaftsplan gefasst worden, der bestandskräftig geworden sei und der für die folgenden Kalenderjahre Gültigkeit habe.

Die Antragsteller haben beim AG u.a. beantragt, die Antragsgegner zur Zahlung von 2.100 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Das AG hat mit Beschluss vom 5.10.2001 dem Antrag insoweit stattgegeben; i.Ü. hat es den Antrag abgewiesen. Von den Gerichtskosten hat es den Antragsgegnern 3/4 und den Antragstellern 1/4 auferlegt; außerdem hat es angeordnet, dass die Antragsgegner den Antragstellern 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Das LG hat am 8.10.2002 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Antragsgegner seien zur Zahlung verpflichtet. Anspruchsgrundlage sei § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 WEG i.V.m. dem bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 3.11.1994. Dieser Beschluss über die geschuldeten Vorschußzahlungen sei so lange gültig, bis die Wohnungseigentümer eine neue Regelung treffen würden. Dies sei bislang nicht der Fall; insb. seien keine Beschlüsse über Jahresabrechnungen gefasst worden. In der Vergangenheit sei diese Art der Abrechnung von den Wohnungseigentümern auch hingenommen worden.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Zahlungsantrag ist unbegründet.

a) Die Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers, seinen Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und an den Kosten der Verwaltung zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), entsteht nicht schon kraft Gesetzes, sondern nur durch den Beschluss der Wohnungseigentümer über den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne als Vorschußanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG (BayObLG NZM 2002, 874 m.w.N.).

b) Es kann offenbleiben, ob am 3.11.1994 ein Eigentümerbeschluss gefasst worden ist. Desgleichen kann dahingestellt bleiben, ob im Einzelfall durch nicht angefochtenen Mehrheitsbeschluss die Mindestanforderungen an den Inhalt eines Wirtschaftsplans so herabgesetzt werden können, dass er nur den von den einzelnen Wohnungseigentümern monatlich zu entrichtenden Wohngeldvorschuß für Heizung, Nebenkosten und Rücklage nennt (vgl. dazu BayObLG NZM 1999, 1058).

c) Auf den Wirtschaftsplan für ein bestimmtes Kalenderjahr können Zahlungsansprüche grundsätzlich nur für dieses Jahr gegründet werden. Vorauszahlungen für das folgende Kalenderjahr s...

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