Leitsatz (amtlich)

Die Genehmigung eines vom Betreuer abgeschlossenen Vertrags über den Verkauf eines Grundstücks des Betreuten hat sich vorrangig an dessen Wünschen auszurichten, soweit dies nicht dem Wohl des Betreuten zuwiderläuft und es dem Betreuer zuzumuten ist.

 

Normenkette

BGB § 1908i Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 23.04.1997; Aktenzeichen 42 T 107/97)

AG Bad Neustadt a.d. Saale (Aktenzeichen XVII 352)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 23. April 1997 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Am 29.7.1996 bestellte das Amtsgericht der Betroffenen deren Nichte zur Betreuerin u.a. für den Aufgabenkreis Vermögenssorge.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.11.1996 verkaufte die Betroffene, vertreten durch ihre Betreuerin, ein in ihrem Alleineigentum stehendes Grundstück (Kaufpreis 219 700 DM). Mit Beschluß vom 1.4.1997 lehnte das Amtsgericht die Genehmigung dieses Vertrags ab. Die Beschwerde der Betreuten hiergegen wies das Landgericht mit Beschluß vom 23.4.1997 zurück. Dagegen wendet sich die Betreute mit ihrer weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe die gemäß § 1908i Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erforderliche Genehmigung zu Recht nicht erteilt. Die Entscheidung über die Genehmigung sei eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 1901 BGB auszurichten sei. Danach sei zu prüfen, ob das Geschäft dem Wohl des Betreuten entspreche und auch, ob es dessen Wünschen entspreche, soweit diese seinem Wohl nicht zuwiderliefen und die Berücksichtigung dieser Wünsche dem Betreuer zuzumuten sei.

Wesentlich sei hier, daß die Betreute, sofern das beabsichtigte Geschäft unterbleibe, keine wesentlichen Nachteile erleide. Ihr Unterhaltsbedarf, auch soweit die Kosten der Unterbringung die laufenden Rentenzahlungen überstiegen, sei anderweitig noch auf Jahre hinaus gesichert. Da keine Notwendigkeit zur Veräußerung der Grundstücke bestehe, komme es auf den Willen der Betreuten an. Diese habe bei ihrer Anhörung durch den Rechtspfleger am 1.4.1997 erklärt, daß sie von ihrem Grundbesitz, den sie von ihren Eltern erhalten habe, nichts verkauft habe. Sie sei immer sparsam gewesen und könne von ihrem Geld und den Zinsen leben. Es nütze ihr nichts, wenn das Geld auf der Bank herumliege. Hieraus sei zu entnehmen, daß die Betreute derzeit den Verkauf des Grundstücks nicht wünsche. Bei den gegenteiligen Ausführungen der Beschwerde handle es sich ersichtlich nur um Vermutungen. Der Betreuten entgehe zwar ein für sie wirtschaftlich vorteilhaftes Geschäft. Ihr entgegenstehender Wille sei aber nicht unvernünftig. Es sei nicht unüblich, daß Grundbesitz, gerade wenn er von den Eltern ererbt sei, zusammengehalten werde, solange der eigene Finanzbedarf einen Verkauf nicht erforderlich mache.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

Das Landgericht hat die für den von der Betreuten geschlossenen Grundstücksveräußerungsvertrag gemäß § 1908i Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ohne Rechtsfehler versagt.

a) Das Vormundschaftsgericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob eine nach dem Gesetz erforderliche Genehmigung zu erteilen ist (BGH NJW 1986, 2829/2830 und WM 1995, 64/65; BayObLGZ 1995, 230/236; 1997, 113/118 m.w.N.; Palandt/Diederichsen BGB 56.Aufl. § 1821 Rn. 2). Das Rechtsmittelgericht kann die Ermessensentscheidung des Tatrichters nur beschränkt überprüfen. Es kann sie nur dann als rechtsfehlerhaft beanstanden, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewußt war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht oder die Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1157; BayObLGZ 1993, 325/328; 1997, 113/119; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7.Aufl. § 27 FGG Rn. 16; Jansen FGG 2.Aufl. § 27 Rn. 23; Keidel/Kuntze FGG 13.Aufl. § 27 Rn. 27).

b) Die angefochtene Entscheidung ist frei von Rechtsfehlern.

Das Landgericht hat den Maßstab für die Ausübung seines Ermessens zutreffend aus dem Sinn und Zweck der in §§ 1908i Abs. 1, 1821 BGB normierten Genehmigungspflicht hergeleitet. Die für die Entscheidung über eine Genehmigung nach den §§ 1821, 1822 BGB (bei Minderjährigen) entwickelten Grundsätze sind zu beachten. Danach ist das Vormundschaftsgericht grundsätzlich insoweit gebunden, als es in erster Linie auf das Interesse des durch das Genehmigungserfordernis gesetzlich Geschützten abzustellen hat (BGH NJW 1986, 2829/2830; BayObLGZ 1977, 121/126; 1997, 113/118). Dabei können auch ideelle Interessen berücksichtigt werden (BGH a.a.O.; BGB RGRK/Dickescheid 12.Aufl. Rn. 5 ...

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