Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Verzicht auf Wohnungseigentum
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1984/90) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 17. Dezember 1990 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beteiligten gehören zwei Teileigentumsrechte (Garagenstellplätze). Sie hat auf das Eigentum verzichtet.
Das Grundbuchamt hat am 8.5.1990 den Antrag, diesen Verzicht in das Grundbuch einzutragen, abgewiesen. Die Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluß vom 17.12.1990 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Daß ein Verzicht auf ein Wohnungs- oder Teileigentum nicht möglich sei, ergebe sich insbesondere aus der Unauflöslichkeit der Gemeinschaft. Den übrigen Wohnungseigentümern würden die Lasten für das herrenlose Wohnungs- oder Teileigentum aufgedrängt; dies wäre ein unzulässiges Rechtsgeschäft zu Lasten Dritter.
2. Der Senat teilt die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung.
a) Gemäß § 928 Abs. 1 BGB kann das Eigentum an einem Grundstück durch Verzicht gegenüber dem Grundbuchamt und Eintragung des Verzichts in das Grundbuch aufgegeben werden. Wohnungseigentum – entsprechendes gilt gemäß § 1 Abs. 6 WEG für das Teileigentum – ist kein grundstücksgleiches Recht; vielmehr handelt es sich um gesetzlich besonders ausgestaltetes Miteigentum (BGH NJW 1989, 25/35; BayObLGZ 1988, 1/4; OLG Köln Rpfleger 1984, 268). Auf das Wohnungseigentum sind dennoch grundsätzlich die für Grundstücke geltenden Vorschriften anzuwenden (BayObLGZ 1988, 1/4 m.w.Nachw.). Im Einzelfall kann aber im Hinblick auf die besondere gesetzliche Ausgestaltung des im Vordergrund stehenden Miteigentumsanteils etwas anderes gelten; § 928 BGB kann danach auf das Wohnungseigentum nicht angewendet werden.
b) In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob ein Verzicht auf einen Miteigentumsanteil rechtlich möglich ist. Dabei wird noch zwischen einem Verzicht auf einen schlichten Miteigentumsanteil gemäß § 1008 BGB und einem solchen in der Ausgestaltung durch das Wohnungseigentumsgesetz unterschieden; teilweise wird ein Verzicht sowohl auf einen Miteigentumsanteil als auch auf ein Wohnungseigentum für ausgeschlossen erachtet, teilweise nur ein Verzicht auf ein Wohnungseigentum.
Der Senat brauchte die Frage, ob auf ein Wohnungseigentum verzichtet werden kann, in seiner Entscheidung vom 15.12.1988 (DNotZ 1989, 438/439) nicht zu entscheiden; in dieser Sache hatte das Amtsgericht den Verzicht in das Grundbuch eingetragen. Das Kammergericht (NJW 1989, 42) hat den Verzicht auf einen schlichten Miteigentumsanteil nicht für zulässig erachtet, weil er einer Teilaufhebung der Gemeinschaft gleichkäme, gegen die der Umstand spreche, daß eine Anwachsung nicht stattfinde, die übrigen Miteigentümer aber gleichwohl die Lasten des herrenlos gewordenen Miteigentumsanteils zu tragen hätten.
Für eine Anwendung des § 928 BGB auf das Wohnungseigentum haben sich ausgesprochen: Weitnauer WEG 7. Aufl. Rn. 25 a, Bärmann/Pick/Merle WEG 6. Aufl. Rn. 79, Augustin WEG Rn. 3 (anders noch BGB-RGRK/Augustin 12. Aufl. § 928 Rn. 2), jeweils zu § 3; MünchKomm/Kanzleiter BGB 2. Aufl. Rn. 2, Staudinger/Ertl BGB 12. Aufl. Rn. 6, jeweils zu § 928. Zur Begründung wird, soweit eine solche überhaupt gegeben wird, darauf hingewiesen, für das Wohnungseigentum könne nichts anderes gelten als für das Miteigentum, das wie ein Grundstück zu behandeln sei (z. B. Weitnauer aaO); dabei findet keine Auseinandersetzung mit der Rechtsmeinung statt, die auch bei einem Miteigentumsanteil eine Dereliktion nicht zuläßt. Gegen die Anwendung des § 928 BGB auf das Wohnungseigentum haben sich entschieden: LG Konstanz NJW-RR 1989, 1424; Henkes/Niedenführ/Schulze WEG § 10 Rn. 10; Soergel/Stürner BGB 12. Aufl. § 1 WEG Rn. 3; Palandt/Bassenge BGB 50. Aufl. Rn. 1, Erman/Ronke BGB 8. Aufl. Rn. 2, jeweils zu § 928). Zur Begründung wird im wesentlichen auf die Entscheidung des Landgerichts Konstanz verwiesen.
c) Der Senat schließt sich mit den Vorinstanzen der zuletzt dargestellten Meinung an; er folgt den auf die Entscheidung des Kammergerichts (NJW 1989, 42) aufbauenden Gründen des Landgerichts Konstanz (NJW-RR 1989, 1424).
Die besondere Ausgestaltung des Miteigentums in der Form des Wohnungseigentums besteht darin, daß mit dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem insbesondere das Grundstück gehört (§ 1 Abs. 5 WEG), das Sondereigentum mit einer Wohnung oder mit nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen verbunden wird (§ 1 Abs. 2, 3 WEG). Der Inhalt des Sondereigentums wiederum wird von der gesetzlichen Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses gemäß §§ 10 ff. WEG und den gemäß § 10 Abs. 1, 2 i.V.m. § 5 Abs. 4 WEG in Abweichung davon zum Inhalt des Sondereigentums gemachten Vereinbarungen der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander geprägt. Mit dem Wohnungseigentum sind im Rahmen eine...