Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 17.12.1980) |
Tenor
I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 17. Dezember 1980 samt den Feststellungen, mit Ausnahme derjenigen über den Verleih des technischen Zeichners Bock, aufgehoben.
II. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Am 17.12.1980 verhängte das Amtsgericht München gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit der fortgesetzten vorsätzlichen unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung eine Geldbuße von 10.000 DM.
Nach den Feststellungen des Urteils beteiligte sich der Betroffene bereits 1972 an der Firma D. Personalplanung und Personalleasing. Beim Gewerbeamt war deren Tätigkeit als „Verleih von Arbeitskräften in der Elektrotechnik und Maschinenbau” angemeldet. Seit 1976 ist der Betroffene Alleininhaber, Nachdem schon 1973 die Frage der Erlaubnispflicht nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erörtert worden war, händigte ihm das Landesarbeitsamt Südbayern vorsorglich Formulare zur Stellung des Antrags gemäß Art. 1 § 1 und § 2 AÜG aus. Da er die Anträge ohne Unterlagen einreichte, wurden sie nicht bearbeitet. In der Folgezeit nahm der Betroffene für die Firma D. Kontakte zu. Personalabteilungen zahlreicher Industriefirmen auf und bot ihnen auch schriftlich die Mitarbeit von qualifiziertem Fachpersonal (Ingenieure und Konstrukteure) an. Dabei wußte er, daß seine Firma keine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hatte. Er nahm billigend in Kauf, daß es sich trotz der jeweiligen Bezeichnung der Verträge als Werkverträge um Arbeitnehmerüberlassungen handelte. Er überließ in der Zeit von 1.1.1977 bis August 1979 acht verschiedene Arbeitnehmer an verschiedene Firmen, wobei der technische Zeichner Bock als einziger als Angestellter der Firma D. von dieser Gehalt bezog.
Bei der Anbahnung der Vertragsverhältnisse zwischen den Industriefirmen und der Firma D. wurden Art und Umfang der zu leistenden Tätigkeiten nur allgemein festgelegt. Abgerechnet wurde jeweils nach einem festgelegten Stundensatz und nach geleisteten Arbeitsstunden, da ein gesonderter Preis für die einzelnen Tätigkeiten von vornherein nicht angegeben werden konnte. Eine Disposition und Anleitung der Beschäftigten durch die Firma D. war nicht möglich. Die einzelnen Arbeitskräfte hatten mit Ausnahme des Zeichners Bock weitgehende Dispositionsfreiheit. Sie hatten sich aber in das jeweilige Gesamtprojekt einzufügen und ihrer Arbeit ständig die Ergebnisse und Anforderungen anderer am Projekt Beteiligter zugrunde zu legen. Demgemäß wurde die Bestellung bei der Firma D. nicht auf ein bestimmtes zu erzielendes Ergebnis, sondern auf Arbeitskräfte mit bestimmten Qualifikationen ausgerichtet. Bei nicht ausreichenden Leistungen wurde der einzelne Arbeitnehmer durch einen anderen ersetzt.
Die Abrechnung der Firma D. mit den Beschäftigten (Ausnahme B.) erfolgte auf Grund der Stundenzettel und der jeweiligen Stundenverrechnungen. Die Differenz zwischen dem jeweils der Industriefirma verrechneten Satz und dem an den Beschäftigten zu zahlenden Stundensatz war der Verdienst des Betroffenen. Zahlungen zur Kranken, Renten- und Arbeitsversicherung wurden von ihm nicht geleistet.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Da die bisherigen Feststellungen mit Ausnahme des Falls … den Schuldspruch nicht begründen, greift schon die allgemeine Sachrüge durch. Sie weisen aber auf das Vorliegen einer Arbeitsvermittlung hin.
Eine Zuwiderhandlung nach Art. 1 § 1 und § 16 Abs. 1 AÜG und damit eine verbotene Arbeitnehmerüberlassung liegt nicht vor, wenn eine Arbeitsvermittlung gegeben ist. Hierzu bestimmt Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG, daß immer dann, wenn bei Arbeitnehmerüberlassung der Überlassende weder die üblichen Arbeitgeberpflichten übernimmt noch das Arbeitgeberrisiko (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5) trägt, oder wenn die Dauer der Überlassung im Einzelfall drei Monate übersteigt (§ 3 Abs. 1 Nr. 6), vermutet wird, daß der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt.
Diese – widerlegbare – gesetzliche Vermutung kann den Anwendungsbereich der Ordnungswidrigkeit gemäß § 228 Abs. 1 Nr. 2 AFG – unzulässige Arbeitsvermittlung – allerdings nicht erweitern oder ergänzen, da in dieser Bestimmung allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 AFG abgestellt ist. Das Eingreifen der Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG hat somit nicht automatisch die Folge, daß bei Verschulden eine Ahndung nach § 228 Abs. 1 Nr. 2 AFG erfolgen kann (andere Ansicht allerdings ohne Begründung Schubel/Engelbrecht RdNr. 46 zu Art. 1 § 1 AÜG). Eine Vermutung reicht hierfür nicht aus. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG stellt jedoch in der Regel ein Indiz für eine Arbeitsvermittlung dar.
Eine Arbeitnehmerüb...