Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts für Aufwendungsersatzansprüche des ausgeschiedenen Verwalters gegen einen Wohnungseigentümer
Verfahrensgang
LG Kempten (Entscheidung vom 05.03.1996; Aktenzeichen 4 T 1890/95) |
AG Kempten (Entscheidung vom 28.07.1995; Aktenzeichen UR II 43/94) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 5. März 1996 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 7 079 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin war bis 30.6.1993 Verwalterin der Wohnanlage, in der den Antragsgegnern eine Wohnung gehört. Die Antragstellerin behauptet, in der Zeit von Juni 1989 bis Juni 1993 Betriebskosten der Eigentümergemeinschaft getragen zu haben. Sie hat beantragt, die Antragsgegner zur Zahlung des auf sie entfallenden Teilbetrags von 7 079,77 DM nebst Zinsen hieraus zu verpflichten.
Das Amtsgericht hat den Antrag am 28.7.1995 abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin durch Beschluß vom 5.3.1996 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragstellerin habe zur Zeit keinen Anspruch auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen und auch keinen Aufwendungsersatzanspruch. Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der vorgelegten Jahresabrechnungen sei ein Eigentümerbeschluß über die Einzelabrechnungen. Ein solcher liege nicht vor; er sei zunächst herbeizuführen.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zu Recht haben die Vorinstanzen ihre Zuständigkeit als Wohnungseigentumsgerichte bejaht. Unter § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG fallen auch Verfahren, die Ansprüche des ausgeschiedenen Verwalters gegen die Wohnungseigentümer insgesamt oder einzelne von ihnen zum Gegenstand haben, z.B. wie hier Ansprüche auf Aufwendungsersatz (BayObLG WE 1990, 173; Henkes/Niedenführ/Schulze WEG 3. Aufl. § 43 Rn. 31).
b) Die Antragstellerin war gemäß § 26 Abs. 1 WEG zur Verwalterin der Wohnanlage bestellt; mit ihr ist von den Wohnungseigentümern auch ein Verwaltervertrag abgeschlossen worden. Bei dem Vertrag handelt es sich um einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. des § 675 BGB (BayObLG WE 1992, 23/24 m.w.N.; vgl. auch § 6 Abs. 1 des Verwaltervertrags vom 19./25.6.1987). Die Wohnungseigentümer sind danach gemäß § 670 BGB zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet, die die Antragstellerin zum Zweck der Ausführung der Verwaltung gemacht hat, sofern sie diese den Umständen nach für erforderlich halten durfte.
Die Antragstellerin macht geltend, die von den Wohnungseigentümern zu tragenden Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinn des § 16 Abs. 2 WEG getragen zu haben, soweit die Vorschußzahlungen der Wohnungseigentümer nicht ausreichten. Der auf §§ 675, 670 BGB gestützte Anspruch hat nicht zur Voraussetzung, daß ein Beschluß der Wohnungseigentümer über eine Jahresabrechnung im Sinn des § 28 Abs. 3, 5 WEG vorliegt (Beschluß des Senats vom 18.10.1995, 2Z BR 97/95). Es müssen vielmehr nur die Voraussetzungen des § 670 BGB gegeben sein. Ein Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung legt lediglich im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander verbindlich fest, welche Ausgaben und Einnahmen getätigt wurden und in welcher Höhe sich Rückzahlungsansprüche oder Nachzahlungsverpflichtungen einzelner Wohnungseigentümer ergeben (BayObLGZ 1989, 310/313; vgl. BGH NJW 1985, 912/913). Darum geht es aber hier nicht, weil Gegenstand des Verfahrens ein Aufwendungsersatzanspruch der Antragstellerin als ausgeschiedener Verwalterin ist.
c) Der Beschluß des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben. Er wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses wird nunmehr die Berechtigung des geltendgemachten Aufwendungsersatzanspruchs zu prüfen haben. Die erforderlichen Ermittlungen hat es dabei von Amts wegen vorzunehmen (§ 43 Abs. 1 WEG, § 12 FGG). Die Antragstellerin ist ihrer trotz des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes bestehenden Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts durch die Vorlage ins einzelne gehender Unterlagen nachgekommen.
3. Über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird das Landgericht zu entscheiden haben.
Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Unterschriften
Dr. T, L, D
Fundstellen