Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung
Normenkette
EGZPO § 9; ZPO §§ 12-13, 22, 35, 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 281 Abs. 2 S. 2
Tenor
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht München.
Gründe
I. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der Beklagte dessen früheres Mitglied. Mit Klage vom 19. November 2018 verlangte der Kläger beim Amtsgericht Coburg vom Beklagten die Bezahlung eines Teils des Mitgliedsbeitrags für das Jahr 2018. Nach dem Vorbringen des Klägers schied der Beklagte mit Schreiben vom 7. September 2018 mit sofortiger Wirkung aus dem Verein aus. Der Beklagte habe den Jahresbeitrag satzungswidrig nur für den Zeitraum bis einschließlich 30. September 2018 beglichen.
Der Kläger hat seinen Sitz im Amtsgerichtsbezirk Coburg. Der Beklagte hat seinen allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Amtsgerichts München.
Mit Verfügung vom 23. November 2018 wies das Amtsgericht Coburg den Kläger darauf hin, dass es örtlich unzuständig sei. Dem Kläger wurde aufgegeben zu begründen, warum er Klage zum Amtsgericht Coburg erhoben habe, oder Verweisung zu beantragen.
Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2018 stellte der Kläger den Antrag, das Verfahren an das örtlich zuständige Amtsgericht München zu verweisen. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2018 wies das Amtsgericht Coburg darauf hin, dass es beabsichtige, dem Antrag stattzugeben. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2018 teilte der Beklagte mit, dass er dem Verweisungsantrag des Klägers zustimme.
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2018 erklärte sich das Amtsgericht Coburg für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Amtsgericht München. Die Entscheidung beruhe auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht sei örtlich unzuständig.
Mit Verfügung vom 2. Januar 2019 wies das Amtsgericht München auf seine Unzuständigkeit hin und leitete die Akten an das Amtsgericht Coburg zur Überprüfung seines Beschlusses vom 13. Dezember 2018 zurück. Der Verweisungsbeschluss sei objektiv willkürlich und nicht bindend. Es bestehe die Zuständigkeit des Amtsgerichts Coburg gemäß § 22 ZPO. Wie sich aus dem Rubrum der Klage und § 1 der mit ihr vorgelegten Satzung ergebe, habe die Klagepartei ihren Sitz in Coburg und sei im dortigen Vereinsregister eingetragen.
Mit Verfügung vom 17. Januar 2019 bat das Amtsgericht Coburg das Amtsgericht München, sich rechtskräftig für unzuständig zu erklären. Die Ausführungen des Amtsgerichts München seien zutreffend, dennoch sei der Verweisungsbeschluss nicht willkürlich. Die Regelung des § 22 ZPO sei schlicht übersehen worden. Auch habe sich keine Partei auf diese Norm berufen. Zudem hätten die Parteivertreter ihr Einverständnis mit einer Verweisung an das Amtsgericht München erklärt.
Mit Beschluss vom 30. Januar 2019 erklärte sich das Amtsgericht München für örtlich unzuständig. An den Ausführungen in seiner Verfügung vom 2. Januar 2019 habe sich nichts geändert. Nach allgemeiner Meinung komme es nicht auf das subjektive Wissen des erkennenden Gerichts, sondern auf die objektive Rechtslage an.
Mit Verfügung vom 27. Februar 2019 legte das Amtsgericht Coburg die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.
Die Parteien wurden vom Senat angehört. Der Kläger vertritt die Auffassung, das Amtsgericht Coburg sei gemäß § 22 ZPO örtlich zuständig. Die Parteien hätten zwar auch übereinstimmend die Verweisung nach München beantragt. Dies sei jedoch irrelevant, wenn, wie hier, ein besonderer Gerichtsstand gesetzlich begründet sei. Der Beklagte hat keine Stellungnahme abgegeben.
II. Auf die zulässige Vorlage des Amtsgerichts Coburg ist die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München zu bestimmen.
1. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 34 ff. m. w. N.). Das Amtsgericht Coburg und das Amtsgericht München haben sich bindend für unzuständig erklärt; das Amtsgericht Coburg durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 13. Dezember 2018 (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das Amtsgericht München in der Form der den Parteien bekannt gegebenen (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 35) ersichtlich abschließenden Verweigerung der Übernahme des Verfahrens mit Beschluss vom 30. Januar 2019. Die jeweils ausdrücklich ausgesprochene Leugnung der eigenen Kompetenz erfüllt das Tatbestandsmerkmal "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987, I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338/340 m. w. N; Beschluss vom 19. Februar 2013, X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 5).
Zuständig für die Bestimmungsentscheidung ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i.V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht, weil die Bezirke der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte zum Zuständigkeitsbereich unterschiedlicher Oberlandesgerichte (Bamberg und München) gehören und das mit der Rechtssache zuerst befasste Gericht in Bayern li...