Leitsatz (amtlich)
Zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers zur Sicherung der Rechte der Nacherben bei Veräußerung eines Nachlassgrundstückes.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 19.05.2004; Aktenzeichen 16 T 21261/03) |
AG München (Aktenzeichen 66-VI 6304/691Z BR 061/04) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG München I vom 19.5.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2) hat die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 500.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.1. Mit Testament vom 29.3.1969 setzte die 1969 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasserin ihre drei zwischen 1938 und 1943 geborenen Enkel, die Beteiligten zu 1), 2), 3) und 4) zu ihren Vorerben ein. Nacherben sollten deren Abkömmlinge sein; sollte ein Vorerbe kinderlos bleiben, sollten bei dessen Tod die übrigen vorhandenen Erben, ersatzweise ihre Abkömmlinge, gleichmäßig nach Stämmen Nacherben sein. Wesentlicher Bestandteil des Nachlasses war ein Grundstück. Im Testament heißt es u.a.:
"Es ist mein stets geäußerter Entschluss und mein Wille, dass mein Nachlassvermögen und besonders der Grundbesitz in seinem Bestand den Erben und den Nacherben möglichst auf lange Generationen in friedlicher Gemeinschaft erhalten bleiben soll und jeweils nur die Nutzungen und Nettoerträge aus der Verwaltung des Nachlasses anteilsmäßig an die Erben verteilt und ausgeschüttet werden sollen.
Ich ordne Testamentsvollstreckung an:
Der Testamentsvollstrecker hat auch gem. § 2209 BGB S. 1 zweiter Halbsatz die Verwaltung meines Nachlasses bis zum Ableben sämtlicher Vorerben und Nacherben zumindest jedoch auf die Dauer von 30 Jahren nach meinem Tode fortzuführen.
Als Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter bestimme ich Herrn Rechtsanwalt R, der von mir zugleich testamentarisch das Recht erhält und ermächtigt wird, für den Fall seines Ausscheidens einen Nachfolger im Amt des Testamentsvollstreckers und Verwalters des Nachlasses zu ernennen."
Das Nachlassgericht erteilte den Beteiligten zu 1) bis 4) am 28.1.1972 einen gemeinschaftlichen Erbschein, nach dem die Erblasserin von ihnen zu je 1/4 beerbt worden ist. Außerdem erhielt der Erbschein einen der testamentarischen Regelung entsprechenden Nacherbenvermerk sowie die Angabe, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Am 16.9.1969 erteilte das Nachlassgericht Rechtsanwalt R ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Mit privatschriftlicher Erklärung vom 18.3.1970 bestimmte R seine Ehefrau zur Nachfolgerin im Testamentsvollstreckeramt. Nach seinem Tod am 23.6.1975 wies das Nachlassgericht deren Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit Beschluss vom 7.10.1975 zurück, weil ihre Ernennung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen öffentlich beglaubigten Form erfolgt ist.
Das Nachlassgericht sah keinen Anlass, einen neuen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Die Beteiligten stellten keinen entsprechenden Antrag; vielmehr vertrat der Beteiligte zu 2) ggü. dem Nachlassgericht die Auffassung, mit dem Tod des von der Erblasserin bestimmten Testamentsvollstreckers sei die Testamentsvollstreckung erloschen. Der Testamentsvollstreckervermerk im Grundbuch wurde gelöscht, der Erbschein vom 28.1.1972 eingezogen und am 10.11.1975 ein Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk erteilt. Seit dem Tode des Rechtsanwalts R trafen die Beteiligten zu 1) bis 4)nach gelegentlicher Abstimmung mit den als Nacherben in Betracht kommenden Kindern des Beteiligten zu 1) (geboren 1967 und 1969), des Beteiligten zu 3) (geboren 1968, 1971und 1980) und des Beteiligten zu 4) (geboren 1970, 1971 und 1975) in wöchentlichen Zusammenkünften die zur Verwaltung des Nachlasses erforderlichen Entscheidungen einstimmig und erteilten dem Beteiligten zu 2) die zum Vollzug erforderliche Vollmacht. Der Beteiligte zu 2) ist kinderlos.
2. Im Jahr 2001 beschlossen die Beteiligten zu 1) bis 4)im Einvernehmen mit den Nacherben, das Nachlassgrundstück zu verkaufen und den Erlös unter sich aufzuteilen und die Anwartschaften der Nacherben abzulösen. Sie ließen sich dabei von einem Kaufangebot i.H.v. 48 Mio. DM und dem Gedanken leiten, den Kindern der Beteiligten zu 1), 3) und 4) schon vor Eintritt des - möglicherweise erst in deren eigenem fortgeschrittenen Alter erfolgenden - Nacherbfalls Teile des Nachlassvermögens zukommen zu lassen. Mit notariellem Vertrag vom 9.8.2001 übertrugen die Beteiligten zu 1) bis 4) jeweils unterschiedliche Vorerbenanteile an die Abkömmlinge der Beteiligten zu 1), 3) und 4). Mit notariellem Kaufvertrag vom 10.8.2001 verkauften die Beteiligten zu 1) bis 4) und die Abkömmlinge der Beteiligten zu 1), 3) und 4) das Grundstück zu einem Kaufpreis von 48 Mio. DM und erklärten die Auflassung. Der für die unbekannten bzw. ungewissen Nacherben bestellte Pfleger stimmte dem zu, so auch der Löschung des Nacherbenvermerks. Das VormG versagte die Genehmigung der Zustimmung und Lösc...