Leitsatz (amtlich)
Zur Schätzung der mittleren Temperatur des Warmwassers nach § 9 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 HeizkostenV müssen die maßgeblichen Schätzgrundlagen ermittelt werden, insb. die an der Heizung eingestellte Temperatur und die Heizungskapazität. Ein pauschaler Ansatz von 60 °C ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte Zweifel daran bestehen, dass diese Durchschnittstemperatur auch tatsächlich erreicht wurde.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.05.2004; Aktenzeichen 1 T 6630/03) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 887/00 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 28.5.2004 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG München I zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Appartements, das vermietet ist. Der Warmwasserverbrauch wird bei den einzelnen Nutzern durch Wasseruhren gemessen. Bei der Besichtigung des Appartements am 20.4.2000 wurde festgestellt, dass der Warmwasserhahn defekt war und ununterbrochen Wasser lief, das mittels eines vom Mieter angebrachten Schlauchstücks in den Abfluss geleitet wurde. Bei der letzten Ablesung vom 2.2.1999 lag der Defekt noch nicht vor.
Gegenstand des Verfahrens ist der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.9.2000 über die Genehmigung der Jahresgesamt- und Einzelabrechnung für den Zeitraum 1.1.1999 bis 31.5.2000. Unter der Position "Heizung, Wasser" ist in der Jahresabrechnung ein Gesamtbetrag von 83.947,55 DM aufgeführt und als Anteil des Appartements der Antragstellerin "laut Heizkostenabrechnung" ein Betrag von 50.375 DM. Die von einer Messdienstfirma erstellte Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung führt für das Appartement der Antragstellerin einen Verbrauch von 3.635,71 m3 und Kosten hierfür von 49.472,19 DM auf. Die Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser im ganzen Anwesen mit insgesamt 25 Wohnungen beliefen sich auf 67.963,42 DM. Hiervon entfielen laut Abrechnung 65.114,66 DM auf Warmwasser und 2.761,76 DM auf Heizung.
Der Rechtsvorgänger der Antragstellerin hat den Beschluss vom 25.9.2002 über die Jahresabrechnung insoweit angefochten, als die Eigentümerversammlung die Einzel- und Gesamtbewirtschaftungskosten beschlossen und die Nachzahlung fällig gestellt hat. Das AG hat den Antrag mit Beschluss vom 7.3.2003 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das LG am 28.5.2004 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das LG.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Aufteilung der Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser entspreche den Vorgaben der HeizkostenV. Der angefallene Warmwasserverbrauch sei durch Ablesung des Warmwasserzählers festgestellt worden. Konkrete Anhaltspunkte für Messungenauigkeiten größeren Umfangs bestünden nicht. Die Aufteilung der Warmwasser- und Heizkosten sei entsprechend § 9 Abs. 2 HeizkostenV erfolgt. Als mittlerer Wert für die Temperatur des Warmwassers sei 60 °C angesetzt worden. Dies sei nicht zu beanstanden, obwohl nach den Ausführungen des Sachverständigen es unrealistisch sei, dass mit dem rechnerisch verbleibenden Anteil von lediglich 6,57 % der Gesamtkosten das Anwesen hätte beheizt werden können.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Im Ergebnis zutreffend hat allerdings das LG § 9a HeizkostenV nicht angewendet. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin kommt weder eine direkte noch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in Betracht. Das gilt jedenfalls deshalb, weil auch in den Vorjahren die mittlere Temperatur nicht gemessen wurde.
b) Den Warmwasserverbrauch innerhalb des Appartements der Antragstellerin hat das LG ohne Rechtsfehler festgestellt. Der Senat ist hieran gebunden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 559 ZPO).
c) Die Aufteilung der Kosten bei verbundenen Anlagen hat nach § 9 Abs. 1, 2 HeizkostenV zu erfolgen. Nach der Systematik des § 9 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV ergibt sich der Anteil der zentralen Anlage zur Versorgung mit Wärme aus dem gesamten Verbrauch nach Abzug des Verbrauchs der zentralen Warmwasserversorgungsanlage.
Der Brennstoffverbrauch der zentralen Warmwasserversorgungsanlage ist nach § 9 Abs. 2 HeizkostenV zu ermitteln (§ 9 Abs. 1 S. 4 HeizkostenV). Hierzu stellt § 9 Abs. 2 HeizkostenV grundsätzlich drei Berechnungsmethoden zur Verfügung, nämlich die in § 9 Abs. 2 Sätze 1 bis 3) HeizkostenV enthaltene Berechnungsmethode, eine Ermittlung nach den anerkannten Regeln der Technik (§ 9 Abs. 2 S....