Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
Wird nach Erledigung einer Testamentsvollstreckung der mit dem Testamentsvollstreckervermerk versehene Erbschein eingezogen oder für kraftlos erklärt und ein neuer Erbschein ohne einen solchen Vermerk erteilt, so bestimmt sich die Gebühr des § 107 Abs. 1 Satz 1 KostO gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO wiederum nach dem vollen ursprünglichen Nachlaßwert und nicht aus dem nach § 30 Abs. 1 KostO geschätzten Wert des Testamentsvollstreckervermerks als des unrichtigen Teils des Erbscheins.
Normenkette
KostO § 107 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 09.04.1996; Aktenzeichen 16 T 5019/96) |
AG München (Aktenzeichen 92 VI 5247/90) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. April 1996 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Mit Beschluß vom 15.1.1992 erteilte das Amtsgericht einen Erbschein, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/2 beerbt worden und Testamentsvollstreckung angeordnet ist.
Nachdem der Testamentsvollstrecker dem Nachlaßgericht mitgeteilt hatte, daß der Nachlaß auseinandergesetzt und die Testamentsvollstreckung beendet sei, zog das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 11.5.1995 den Erbschein wegen der Beendigung der Testamentsvollstreckung als unrichtig ein. Es forderte die Erben auf, die erteilte Erbscheinsausfertigung dem Nachlaßgericht zurückzugeben oder mitzuteilen, wo sie sich befinde, da anderenfalls die Veröffentlichungskosten verursachende Kraftloserklärung des Erbscheins erfolgen werde. Der Beteiligte zu 1 übersandte dem Nachlaßgericht mit Schreiben vom 30.5.1995 lediglich eine beglaubigte Abschrift der Erbscheinsausfertigung und teilte folgendes mit:
Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 12.5.1995 und übersenden Ihnen anbei den als unrichtig eingezogenen Erbschein zu unserer Entlastung zurück und beantragen gleichzeitig die Ausstellung eines neuen in 3-facher Ausfertigung ohne den Testamentsvollstreckervermerk, da die Testamentsvollstreckung inzwischen beendet ist …
Eine nochmalige Anforderung der Ausfertigung des Erbscheins durch das Nachlaßgericht beantwortete der Beteiligte zu 1 mit dem Satz: „Leider keine mehr vorhanden”.
Am 10.7.1995 erklärte das Nachlaßgericht den Erbschein vom 15.1.1992 für kraftlos. Mit Beschluß vom 11.7.1995 erteilte es einen inhaltlich gleichen Erbschein, der den Testamentsvollstreckervermerk nicht mehr enthielt.
2. Mit Kostenrechnung vom 8.9.1995 stellte die Kostenbeamtin des Nachlaßgerichts dem Beteiligten zu 1 insgesamt Kosten in Höhe von 9 503,82 DM in Rechnung, die sich aus der Gebühr für die Erteilung des Erbscheins (9 440 DM), den Veröffentlichungskosten für die Kraftloserklärung des ursprünglichen Erbscheins (61,82 DM) und Schreibauslagen (2 DM) zusammensetzen.
Gegen die Kostenrechnung legte der Beteiligte zu 1 Erinnerungen ein. Der neue Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk sei der guten Ordnung halber beantragt worden. Er sei davon ausgegangen, daß hierfür lediglich eine Gebühr von ca. 50 DM anfalle und nicht noch einmal dieselbe Gebühr wie bei Ausstellung des ursprünglichen Erbscheins. Er bitte um Erlaß des in Rechnung gestellten Kostenbetrages.
Das Amtsgericht (Rechtspfleger) wies die Erinnerungen mit Beschluß vom 3.11.1995 zurück. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1, der Rechtspflegerin und Nachlaßrichter nicht abgeholfen haben.
Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluß vom 9.4.1996 zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zur Begründung wird ausgeführt, daß eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 16 Abs.1 Satz 1 KostO nicht vorliege. Da nach den für das Nachlaßgericht erkennbaren Umständen nicht ausgeschlossen gewesen sei, daß der beantragte Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk für die Erben erforderlich gewesen sei, habe eine Frage- und Belehrungspflicht für das Gericht nicht bestanden. Über die Entstehung gesetzlicher Kosten brauche grundsätzlich nicht belehrt zu werden. Die Veröffentlichungskosten seien ebenfalls zu Recht erhoben worden.
3. Gegen die landgerichtliche Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde. Es liege eine unrichtige Sachbehandlung vor; das Nachlaßgericht hätte den Antragsteller darauf hinweisen müssen, daß auch die Abänderung eines schon erteilten Erbscheins durch Weglassung des Testamentsvollstreckervermerks die gleichen Kosten auslöse wie die erstmalige Erteilung eines Erbscheins.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 (§ 14 Abs.3 Satz 2, Abs.4 KostO) ist sachlich nicht begründet.
a) Wird nach Erledigung einer Testamentsvollstreckung der mit dem Testamentsvollstreckervermerk versehene Erbschein eingezogen oder für kraftlos erklärt und ein neuer Erbschein ohne einen solchen Vermerk erteilt, so bestimmt sich die Gebühr des § 107 Abs.1 Satz 1 KostO gemäß § 107 Abs.2 Satz 1 KostO wiederum nach dem vollen ursprünglichen Nachlaßwert und nicht aus dem nach § 30 Abs.1 KostO ge...