Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (redaktionell)
§ 103 Abs. 2 KostO zeigt, daß das Gesetz hinsichtlich der Gebühr auf die Einheit oder Mehrheit der Eröffnungsakte abstellt, nicht aber auf den Inhalt der eröffneten letztwilligen Verfügung. So fällt sogar bei völliger Identität der nacheinander eröffneten letztwilligen Verfügungen jeweils eine Gebühr an.
Normenkette
KostO § 103 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 02.07.1996; Aktenzeichen 13 T 9677/95) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 2411/95) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 2. Juli 1996 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Der Erblasser ist im Jahr 1995 kinderlos verstorben. Mit eigenhändigem Testament vom 19.4.1972 hatte er seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Diese ist im Jahr 1991 vorverstorben und wurde vom Erblasser allein beerbt. Dessen Testament wurde vom Nachlaßgericht am 11.7.1995 eröffnet.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind laut Erbschein vom 15.8.1995 gesetzliche Erben des Erblassers.
2. Für die Eröffnung des Testaments stellte die Kostenbeamtin des Nachlaßgerichts dem Beteiligten zu 1) aus einem Geschäftswert (Nachlaßwert) von 2 080 000 DM eine halbe Gebühr nach § 102 KostO in Höhe von 1 615 DM in Rechnung.
Hiergegen legte der Beteiligte zu 1) Erinnerungen ein. Durch das Vorversterben der Ehefrau des Erblassers sei deren Erbeinsetzung hinfällig geworden. Die Eröffnung des Testaments habe deshalb eine unrichtige Sachbehandlung bedeutet, für die Kosten nicht erhoben würden. Zumindest habe ein unwirksames Testament keinen Wert mehr, so daß nur die Mindestgebühr anzusetzen sei. Überdies könne das unwirksam gewordene Testament keinen höheren Wert haben als das wirksame; wenn die Ehefrau ihren Mann überlebt hätte, hätte sie ihn beerbt, sein Vermögen wäre aber um das geringer gewesen, was er von ihr ererbt habe. Dieser Wert müsse also vom Geschäftswert abgezogen werden.
Das Nachlaßgericht (Rechtspflegerin) hat die Erinnerungen des Beteiligten zu 1) mit Beschluß vom 9.10.1995 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hiergegen, der Rechtspflegerin und Richter nicht abgeholfen haben, hat das Landgericht mit Beschluß vom 2.7.1996 zurückgewiesen; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zur Begründung wird ausgeführt, daß auch ein dem Inhalt nach überholt erscheinendes Testament habe eröffnet werden müssen, zumal es z.B. beim Auffinden eines älteren Testaments als Widerruf rechtlich von Bedeutung sein könne. Da sich das Testament auf den gesamten Nachlaß beziehe, sei auch nicht die Mindestgebühr, sondern der volle Nachlaßwert als Geschäftswert anzusetzen.
3. Mit seiner weiteren Beschwerde wendet sich der Beteiligte zu 1) gegen die landgerichtliche Entscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) (§ 14 Abs.3 Satz 2, Abs.4 KostO) ist sachlich nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 14 Abs.3 Satz 3 KostO) stand.
a) Da nach § 102 KostO für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen die Hälfte der vollen Gebühr erhoben wird und das Testament vom 19.4.1972 tatsächlich auch eröffnet wurde, käme die vom Beschwerdeführer zunächst erstrebte Nichterhebung von Kosten nur dann in Betracht, wenn diese Eröffnung eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 16 KostO darstellte. Eine unrichtige Sachbehandlung durch das Amtsgericht liegt nicht vor. Das Amtsgericht folgt vielmehr mit seiner Auffassung, daß nach § 2260 BGB grundsätzlich jedes amtlich verwahrte oder nach § 2259 BGB abgelieferte Testament, somit auch ein widerrufenes oder durch Vorversterben des Bedachten überholtes Testament, zu eröffnen sei, zu Recht der herrschenden Meinung (vgl. z.B. BayObLGZ 1989, 323/325; BayObLG Rpfleger 1988, 241 – Stichwort; KG Rpfleger 1979, 277; OLG Frankfurt JurBüro 1986, 426; OLG Stuttgart Rpfleger 1988, 485; Palandt-Edenhofer BGB 55.Aufl. § 2260 Rn.3).
b) Die von der Kostenbeamtin des Amtsgerichts in Rechnung gestellte Gebühr für die Eröffnung des durch das Vorversterben der Bedachten überholten Testaments ist auch der Höhe nach gerechtfertigt (§§ 102, 103, 46 Abs.4 KostO). Es ist nicht die Mindestgebühr (§ 33 KostO) anzusetzen, wie dies hinsichtlich des gleichliegenden Falles eines widerrufenen Testaments bei Korintenberg (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 13.Aufl. § 103 Rn.32) entgegen der herrschenden Meinung (vgl. BayObLG, OLG Frankfurt, OLG Stuttgart aaO; OLG Köln Rpfleger 1992, 394; Rohs/Wedewer KostO 3.Aufl. § 102 Rn.4; Göttlich/ Mümmler KostO 12.Aufl. Stichwort „Eröffnung” S.435) vertreten wird. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. § 103 Abs.2 KostO zeigt vielmehr, daß das Gesetz hinsichtlich der Gebühr auf die Einheit oder Mehrheit der Eröffnungsakte abstellt, nicht aber auf den Inhalt der eröffneten letztwilligen Verfügung. So fällt sogar bei völliger Identität der nacheinander eröffneten letztwilligen Verfügungen jeweils eine Gebühr an. Darüber hinaus ist bei der Er...