Leitsatz (amtlich)
Das Bestehen freundschaftlicher Beziehungen, die bisher vor allem in der Unterstützung der Älteren während ihres Scheidungsverfahrens durch die um 14 Jahre Jüngere ihren Ausdruck fanden, rechtfertigt die Adoption eines Erwachsenen nicht.
Normenkette
BGB § 1767 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.06.1996; Aktenzeichen 16 T 2158/96) |
AG München (Aktenzeichen 717 XVI 918/95) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 28. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten haben mit notarieller Urkunde vom 21.12.1994 beantragt, die Annahme der Beteiligten zu 2 als Kind der Beteiligten zu 1 auszusprechen. Sie haben für den Fall der Adoption am gleichen Tag einen notariellen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen.
Die Beteiligte zu 1, geboren im Jahr 1941, hat aus ihren beiden früheren Ehen drei Kinder, die mittlerweile sämtlich volljährig sind. Ihre zweite Ehe wurde 1993 geschieden.
Die Beteiligte zu 2, geboren im Jahr 1955, hat 1976 die Tschechoslowakei verlassen und nach ihren Angaben seither keine Kontakte mehr zu ihrer Mutter, der Vater sei verstorben. Sie erwarb 1981 die deutsche Staatsangehörigkeit. Aus ihrer ersten, durch Scheidung aufgelösten Ehe hat sie ein Kind, geboren im Jahr 1979, 1990 hat sie erneut geheiratet. Ihr Ehemann hat in die Annahme seiner Ehefrau als Kind der Beteiligten zu 1 mit notarieller Urkunde vom 21.12.1994 eingewilligt.
Das Vormundschaftsgericht hat die Beteiligten persönlich angehört und mit Beschluß vom 7.12.1995 den Adoptionsantrag abgelehnt. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Entscheidung vom 28.6.1996 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der. Beteiligten ergibt sich aus der Zurückweisung der Beschwerde bzw. dem gemeinsam gestellten Adoptionsantrag (§ 20 Abs. 1 und Abs. 2 FGG, § 1768 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG StAZ 1996, 171).
2. Nach Auffassung des Landgerichts ist die beantragte Annahme sittlich nicht gerechtfertigt, so daß der Adoptionsantrag zu Recht vom Vormundschaftsgericht abgelehnt worden sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen den Beteiligten bestehe. Auch bestünden Zweifel, daß sich ein solches in Zukunft entwickle.
3. Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Landgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß ein Volljähriger gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB als Kind angenommen werden kann, wenn die Annahme – die dem Wohl des Anzunehmenden entsprechen muß (§ 1767 Abs. 2, § 1741 Abs. 1 BGB) – sittlich gerechtfertigt ist. Das Landgericht hat auch richtig angenommen, daß der unbestimmte Rechtsbegriff „sittlich gerechtfertigt” bei einer Adoption eines Volljährigen erfüllt ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden eine dem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis entsprechende Beziehung bereits entstanden oder zu erwarten ist. Prägendes Merkmal eines Eltern-Kind-Verhältnisses ist bei einer Erwachsenenadoption die von gegenseitigem unbedingtem Beistand getragene dauernde Verbundenheit zwischen Annehmendem und Anzunehmendem. Sie kann in sehr unterschiedlichen Formen ihren Ausdruck finden (BayObLG StAZ 1996, 171 und ständige Rechtsprechung). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) verneint.
a) Das Landgericht hat gewürdigt, daß die Beteiligte zu 1 während ihres Scheidungsverfahrens durch die Beteiligte zu 2 unterstützt worden sei und sie auch weiterhin guten Kontakt u.a. durch Besuche gehalten hätten. Es hat darin das Kennzeichen einer guten Freundschaft und eines herzlichen Vertrauensverhältnisses gesehen. Ein Eltern-Kind-Verhältnis oder jedenfalls Anzeichen für die„Entwicklung eines solchen” hat es darin nicht erkennen können. Dies ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, daß zwar ein tatsächliches Zusammenleben zwischen Adoptivelternteil und erwachsenem Kind nicht Wesensmerkmal des Eltern-Kind-Verhältnisses sei (vgl. BayObLG FamRZ 1993, 236). Die Auffassung des Landgerichts, die große räumliche Entfernung von mehreren hundert Kilometern zwischen den Beteiligten sei aber der Entwicklung einer engen Verbundenheit, die über freundschaftliche Beziehungen hinausgehe, nicht förderlich, entspricht der Lebenserfahrung.
b) Auch das von den Beteiligten mit der Adoption angestrebte Ziel, daß die Beteiligte zu 2 weiterhin die Beteiligte zu 1 unterstützen und die Beteiligte zu 2 gegenüber den Kindern der Beteiligten zu 1 die Rolle einer mütterlichen Bezugsperson einnehmen solle, spricht nach Auffassung des Landgerichts gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis. Soweit das Bundesverfassungsgericht (FamRZ 1996, 154/155) die durch die Erwachsenenadoption ...