Leitsatz (amtlich)

Ist eine Gartensondernutzungsfläche in der Gemeinschaftsordnung als „jeweils unmittelbar vor der Wohnung befindlicher Vorgarten” beschrieben, so geht die nächstliegende Bedeutung dahin, dass die Trennlinie zwischen den einzelnen Sondernutzungsflächen durch eine gedachte Verlängerung der Trennwände zwischen den einzelnen Wohnungen gebildet wird.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 12350/02)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 457/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG München I vom 19.12.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Eigentümer der nebeneinander liegenden Eigentumswohnungen Nrn. 1 und 2 im Erdgeschoss einer Wohnanlage mit 27 Wohnungen, die in den Jahren 1961/62 errichtet wurde. Sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind nicht Erstkäufer ihrer Wohnung. Sie streiten sich über den Umfang der zu ihren Wohnungen gehörenden Sondernutzungsflächen an den Gärten vor den Wohnungen.

§ 1 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung (GO), die den Abschnitt C der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung vom 4.12.1961 bildet, enthält folgende Regelung:

Bezüglich des im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Vorgartens vor dem Wohnungseigentum … mit Nr. 1 und vor dem Wohnungseigentum … mit Nr. 2 bezeichnet, wird folgende Nutzungsregelung getroffen:

Die jeweiligen Eigentümer der vorbezeichneten Wohnung Nr. 1 und 2 sind berechtigt, die jeweils unmittelbar vor ihrer Wohnung befindlichen Vorgärten ausschließlich zu nutzen.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Trennlinie zwischen den Sondernutzungsflächen verlaufe in Verlängerung der Trennmauer zwischen den Wohnungen rechtwinklig zur Außenmauer. Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, die Trennlinie werde durch eine Grenzbepflanzung gebildet, die anlässlich der Errichtung der Wohnanlage angelegt worden sei und schräg verlaufe, so dass der zu ihrer Wohnung Nr. 2 gehörende Gartenanteil größer als derjenige der Antragsteller sei.

Die Antragsteller haben beim AG beantragt festzustellen, dass ihnen ein Sondernutzungsrecht zusteht, das durch eine in gerader Verlängerung der Wohnungstrennwand gedachte Linie vom Sondernutzungsrecht der Antragsgegnerin abgetrennt wird, und der Antragsgegnerin das Betreten dieser so festgelegten Sondernutzungsfläche der Antragsteller zu verbieten.

Das AG hat mit Beschluss vom 21.6.2002 den Anträgen stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin dagegen hat das LG mit Beschluss vom 19.12.2002 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das AG habe zutreffend festgestellt, dass das Sondernutzungsrecht der Antragsteller die Fläche des gesamten vor ihrer Wohnung liegenden Vorgartens bis zu einer gedachten Trennlinie in gerader Verlängerung der Trennwand zwischen den Wohnungen Nr. 1 und 2 umfasse. Diese Grenze ergebe sich aus der in § 1 Nr. 2 GO getroffenen Regelung. Diese Regelung sei ihrem Wortlaut nach eindeutig und lasse für eine Auslegung, wie sie die Antragsgegnerin vornehme, keinen Raum. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung könne die gewählte Formulierung nur so verstanden werden, dass damit die gesamte vor der jeweiligen Wohnung befindliche Gartenfläche gemeint sei. Für eine andere Grenzziehung finde sich weder in der Teilungserklärung noch im Aufteilungsplan, der nicht ausdrücklich in Bezug genommen sei, irgendein Anhaltspunkt. Hätte eine bereits vorhandene Bepflanzung für die Grenzziehung maßgeblich sein sollen, hätte dies in der Teilungserklärung oder durch Bezugnahme auf einen entspr. Plan zum Ausdruck kommen müssen.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts kann nach § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 WEG durch Eintragung in das Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden (BayObLG v. 23.5.1985 – BReg. 2Z 43/85, BayObLGZ 1985, 204 [206]; Demharter, GBO, 24. Aufl., Anhang zu § 3 Rz. 28, 29). Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums kann nach § 7 Abs. 3 WEG auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Das gilt mithin auch für Umfang und Inhalt eines Sondernutzungsrechts, das durch Eintragung zum Inhalt des Sondereigentums werden soll (BayObLG v. 23.5.1985 – BReg. 2Z 43/85, BayObLGZ 1985, 204 [206]; Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 7 Rz. 12). Der das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass die Eintragungsbewilligung die Fläche, an der ein Sondernutzungsrecht bestehen soll, klar und bestimmt bezeichnet. An diese Bezeichnung sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei sonstigen einen Grunds...

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