Leitsatz (amtlich)

Verwirft das LG eine Beschwerde wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts, muss es die von ihm angenommene Höhe des Beschwerdewerts nachvollziehbar begründen. Stellt das LG die für die Festsetzung des Beschwerdewerts maßgeblichen Tatsachen nicht rechtsfehlerfrei fest, führt dies zur Aufhebung und Zurückverweisung.

 

Normenkette

WEG § 45 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 01.03.2003; Aktenzeichen 14 T 7476/02)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 81/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 1.3.2003 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus zwei Wohnungen besteht. Die Wohnung im Erdgeschoss gehört den Antragsgegnern, die Wohnung im ersten Obergeschoss dem Antragsteller. Vor der Erdgeschosswohnung befindet sich eine Terrasse.

Die Beteiligten streiten, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, darüber, ob die Antragsgegner zur Duldung der Nutzung der Terrassenfläche durch den Antragsteller oder dessen Mieter verpflichtet sind.

Das AG hat den diesbezüglichen Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 15.8.2002 zurückgewiesen und den Geschäftswert insoweit auf 250 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Geschäfts- sowie den Beschwerdewert betreffend die Nutzung der Terrassenfläche auf 3.000 Euro festzusetzen. Das LG hat am 1.3.2003 den Geschäftswert auf 700 Euro festgesetzt, die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG als unzulässig verworfen und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 700 Euro festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels wird nicht durch § 31 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, § 14 Abs. 3 S. 2 KostO in Frage gestellt. Das LG hat zwar in Nr. I seines Beschlusses den Geschäftswert auf 700 Euro festgesetzt und sodann den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Nr. IV erneut auf 700 Euro festgesetzt. Nr. I des angegriffenen Beschlusses kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass das LG auf die Beschwerde des Antragstellers die Geschäftswertfestsetzung durch das AG abgeändert hat. Eine solche Abänderung war vom Antragsteller auch nicht beantragt. Der Antragsteller hat lediglich hilfsweise gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das AG Beschwerde eingelegt. Primär hat er beantragt, den Geschäfts- und Beschwerdewert festzusetzen, und in der Sache gegen die Entscheidung des AG bezüglich der Terrassennutzung sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat zur Geschäftswertfestsetzung auch keinerlei Ausführungen gemacht, so dass nicht einmal mit hinreichender Sicherheit erkannt werden kann, ob sich die Nr. I des angefochtenen Beschlusses tatsächlich auf den Geschäftswert oder auf den Beschwerdewert bezieht.

2. Das LG hat ausgeführt:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers sei als unzulässig zu verwerfen, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht übersteige. Ein höheres Interesse des Antragstellers sei nicht gegeben. Wie aus den vorliegenden Lichtbildkopien ersichtlich sei, handle es sich bei der Terrassenfläche im Verhältnis zu der des Gartens um den wesentlich kleineren Teil des gesamten Grundstücks. Der Umstand, dass die Terrasse von der Küche der Erdgeschosswohnung aus direkt begehbar sei, verbiete die Annahme eines besonderen Nutzungsinteresses der Nutzer der Wohnung im ersten Obergeschoss. Es sei nicht der Grundstückswert, sondern das Nutzungsinteresse der Beteiligten maßgeblich.

3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Der Beschwerdewert bemisst sich nach derRspr. des BGH (BGH v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, BGHZ 119, 216 [218] = MDR 1992, 1177) und der st. Rspr. des Senats (vgl. z.B. BayObLG v. 23.5.1990 – BReg. 2 Z 38/90, BayObLGZ 1990, 141 = MDR 1990, 926; ZMR 2002, 535) allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (§ 48 Abs. 3 WEG) ist nicht maßgeblich. Diese Grundsätze hat das LG bereits im Ansatz nicht beachtet, da es auf das Nutzungsinteresse der (aller) Beteiligten abgestellt hat.

b) Bei der Festsetzung des Beschwerdewerts handelt es sich um eine Wertfestsetzung entspr. § 3 ZPO, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden kann (BayObLG ZMR 2003, 215; BGH v. 27.6.2001 – IV ZB 3/01, MDR 2001, 1183 = BGHReport 2001, 893 = NJW-RR 2001, 1571 für das Revisionsverfahren).

Die Ermittlung des Beschwerdewerts durch das LG ist rechtsfehlerhaft, da sie gegen Denkgesetze verstößt.

Soweit das LG die ...

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