Leitsatz (amtlich)
1. Der Fliesenbelag eines Balkons kann grundsätzlich im Sondereigentum stehen.
2. Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, durch den ein Beschlussantrag auf Vornahme einer bestimmten Maßnahme abgelehnt wird, steht einem Verpflichtungsantrag, diese Maßnahme vorzunehmen, entgegen.
3. Die Auferlegung außergerichtlicher Kosten zulasten eines Beteiligten kann nicht allein damit begründet werden, dass in einem Vorverfahren die außergerichtlichen Kosten dieses Beteiligten den übrigen Beteiligten auferlegt worden sind.
Normenkette
WEG §§ 5, 23, 47
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 04.06.2003; Aktenzeichen 60 T 997/03) |
AG Erding (Aktenzeichen UR II 17/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Landshut vom 4.6.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.700 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Nach Abschn. I Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist alles, was nicht kraft Gesetzes zwingend gemeinschaftliches Eigentum sein muss, zum Sondereigentum erklärt. In Abschn. II § 6 Nr. 3 der GO ist u.a. geregelt, dass kleinere Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an den Balkon- und Terrassentüren sowie für die Balkon- und Terrassenverkleidung der betroffene Raumeigentümer zu tragen hat, auch wenn es sich dabei um gemeinschaftliches Eigentum handelt.
In der Eigentümerversammlung vom 12.8.2002 wurde ein Antrag der Antragsteller zur Sanierung ihres Balkons abgelehnt. Ein Antrag auf Ungültigerklärung dieses Beschlusses wurde nicht gestellt.
Die Antragsteller haben beim AG beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Fliesenbelag der Terrasse (gemeint des Balkons) der Eigentumswohnung der Antragsteller entspr. dem Angebot einer Firma zu erneuern. Das AG hat den Antrag am 31.3.2003 abgewiesen und den Antragstellern die Gerichtkosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 4.6.2003 zurückgewiesen und den Antragstellern ebenfalls die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob der Balkonbelag, wie vom AG angenommen, im Sondereigentum der Antragsteller oder im Gemeinschaftseigentum stehe. Dem Antrag der Antragsteller stehe auf jeden Fall der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 12.8.2002 entgegen. Eine Umdeutung in einen Anfechtungsantrag sei nicht möglich, da bei Eingang der Antragsschrift bei Gericht die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.
Die Kostenentscheidung des AG sei sachgerecht, weil auch in einem vorangegangenen Verfahren zugunsten der Antragsteller von § 47 S. 2 WEG Gebrauch gemacht worden sei. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren stützte das LG auf § 13a Abs. 1 S. 2 FGG und begründete dies im Hinblick auf die Zuordnung des Fliesenbelags nicht zum Gemeinschaftseigentum.
2. Die Entscheidung des LG hält i.E. der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) In der Hauptsache ist die Entscheidung des LG nicht zu beanstanden. Es entspricht der Rspr. des BGH (BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863 = NJW 2001, 3339 = FGPrax 2001, 231), dass auch die Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer Beschlussqualität hat. Dieser Rspr. hat sich der Senat angeschlossen (BayObLGZ 2002, 20 [25]; BayObLGZ 2002, 247). In dem letztgenannten Beschluss hat sich der Senat auch mit der Entscheidungsbegründung des BGH auseinandergesetzt und entschieden, dass die Bestandskraft des einen Beschlussantrag ablehnenden Eigentümerbeschlusses einem Verpflichtungsantrag mit dem Inhalt des Beschlussantrags entgegensteht und insoweit eine Veränderung der Rechtslage bewirkt.
Der Eigentümerbeschluss ist auch nicht nichtig. Unabhängig davon, ob er den Vorgaben der Teilungserklärung entspricht, handelt es sich um eine Entscheidung, die eine Verwaltungsmaßnahme betrifft und keine generelle Abänderung der Gemeinschaftsordnung beinhaltet, sondern eine Einzelfallentscheidung. Zutreffend hat das LG auch erkannt, dass eine Umdeutung des Antrags in diesem Verfahren in einen Beschlussanfechtungsantrag nicht möglich ist, weil ein solcher verfristet wäre.
Der Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 steht somit dem Antragsbegehren entgegen.
b) Davon abgesehen steht den Antragstellern auch deshalb der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil sich der Fliesenbelag des Balkons in ihrem Sondereigentum befindet. Bodenbeläge eines Balkons sind grundsätzlich sondereigentumsfähig. § 5 Abs. 2 WEG steht einer Sondereigentumsfähigkeit nur dann entgegen, wenn der jeweilige Bodenbelag für die Sicherheit oder Standfestigke...