Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 21 C 291/82) |
LG München I (Aktenzeichen 31 S 14 253/82) |
Tenor
In einem Formularvertrag für die Miete von Wohnraum ist der Ausschluß von Schadensersatzansprüchen wegen Mängel der Mietsache unwirksam, wenn der Gewährleistungsausschluß auch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz des Vermieters und seiner Erfüllungsgehilfen umfaßt.
Tatbestand
I.
1. Die Beklagte hat an die Klägerin durch Formularvertrag vom 1.8.1977 eine Wohnung im 4. Stock des Hauses … in … vermietet. § 5 des Vertrages lautet:
„(1) Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Mieter wegen Mängel der Mietsache oder wegen Verzugs des Vermieters mit der Beseitigung eines Mangels (§ 538 Abs. 1 BGB) ist ausgeschlossen. Sonstige Mängelgewähransprüche des Mieters werden dadurch nicht berührt.
(2) Der Mieter kann gegen den Mietzins nur mit einer Verwendungsersatzforderung wegen Beseitigung von Mängeln der Mietsache (§ 538 Abs. 2 BGB) aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben. Die Aufrechnung oder die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist darüber hinaus nur zulässig, wenn der Mieter seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat.
(3) Die Aufrechnung gegen den Mietzins mit anderen Forderungen oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts wegen solcher Forderungen ist ausgeschlossen.”
Mit der Behauptung, in der Mietwohnung sei seit Ende Juli 1978 eine Rauchbelästigung aufgetreten, die aus einem defekten Kamin des Hauses … stamme, hat die Klägerin vor dem Amtsgericht München 6.905 DM Schadensersatz Zug um. Zug gegen Herausgabe von Sachen, 2.051,78 DM Mietzinsminderung und 500 DM Schmerzensgeld verlangt. Die Beklagte ist dieser Forderung entgegengetreten. Sie hat sich auf den Ausschluß von Schadensersatz in § 5 des Mietvertrages berufen, das Auftreten der Rauchbelästigung und vorsorglich ein Verschulden, insbesondere ein solches ihrer Erfüllungsgehilfen, bestritten.
2. Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen. Es hat ein Verschulden der Beklagten verneint, weil die Klägerin hierfür keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen habe. Eine Zahlung wegen Mietminderung hat das Amtsgericht abgelehnt, weil es § 539 BGB für entsprechend anwendbar gehalten hat.
Mit der Berufung begehrt die Klägerin nunmehr Zahlung von 4.363 DM Schadensersatz nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe eines Sofas und eines Betts. Sie beantragt die Aufhebung des gesamten angefochtenen Urteils. Die Klägerin behauptet jetzt, der in ihre Wohnung seit Juli 1978 eindrindringende Rauch stamme von dem Außenkamin eines im 5. Stock des Nachbarhauses … gelegenen Wohnung. Diese war schon zur Zeit des Mietvertragsabschlusses vom 1.8.1977 errichtet, ist aber erst im Frühjahr 1978 vermietet worden. Auch diese Wohnung gehört der Beklagten. Daraus schließt die Klägerin, daß der Mangel, nämlich die Anlage des offensichtlich zu niedrigen Kamins, von Anfang an vorhanden gewesen sei. Deshalb solle § 538 Abs. 1 erste Alternative BGB gegeben, der Schadensersatzanspruch deshalb wegen eines nicht mehr entfernbaren Rauchgeruchs an Sofa und Bett begründet sein. Die Klägerin hat für ihre Behauptungen Beweis angeboten.
Die Beklagte, die Zurückweisung der Berufung beantragt, bestreitet nach wie vor, daß die Rauchbelästigung eingetreten sei. Sie gehe auch nicht von einem Kamin ihres Anwesens … aus. Unverändert beruft sie sich auf den Ausschluß von Schadensersatzansprüchen gemäß § 5 (1) des Mietvertrags.
Die Klägerin hält es für unzulässig, Ansprüche aus § 538 BGB durch Formularvertrag auszuschließen. Sie hat beim Landgericht München I angeregt, über diese Frage einen Rechtsentscheid herbeizuführen. Die Beklagte hält einen Rechtsentscheid nicht für notwendig.
3. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 13.7.1983 folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
Verstößt der Formularmäßige Ausschluß von Schadensersatzansprüchen nach § 538 Abs. 1 BGB in einem Mietvertrag über Wohnraum auch dann gegen § 11 (besonders Nr. 10 a) AGBG oder gegen § 9 AGBG, wenn die sonstigen Gewährleistungsansprüche des Mieters (Mietminderung, fristlose Kündigung) ausdrücklich aufrechterhalten werden?
In den Gründen des Beschlusses hat das … Landgericht die Rechtsansichten der Parteien dargestellt und anschließend die Fragen aufgeworfen, ob § 11 Nr. 10 AGBG auf Mietverträge über Wohnraum anwendbar sei und ob § 5 (1) des Mietvertrags einen Gewährleistungsausschluß darstelle. Ferner könne die Beschränkung der Gewährleistungsansprüche unwirksam sein, weil wegen der Besonderheit des Vertragsverhältnisses der eingeräumte Gewährleistungsranspruch „leerlaufe”; dies treffe bei Wohnraummietverträgen wegen § 537 Abs. 3 BGB zu. Schließlich hält das Landgericht „von der wirtschaftlichen Seite her” den Gewährleistungsausschluß für bedenklich, weil ein Schaden auch noch nach Mängelbeseitigung entstehen könne.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zu...