Leitsatz (amtlich)

Wendet sich ein Betroffener mit der Beschwerde gegen die Anordnung seiner öffentlich-rechtlichen Unterbringung, kann er, wenn sich die Hauptsache während des Beschwerdeverfahrens erledigt, die Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl der ursprünglichen Anordnung wie auch der Durchführung der Unterbringung bis zur Erledigung anstreben. Voraussetzung hierfür ist ein konkret hierauf gerichtetes Rechtsschutzbegehren des Betroffenen.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4, Art. 104 Abs. 1 S. 1; FGG § 69 f. Abs. 1, § 70h Abs. 1, § 70m; UnterbrG Art. 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Aktenzeichen 44 T 1/02)

AG Bayreuth (Aktenzeichen XIV 320/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Bayreuth vom 28.3.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Betroffene leidet an einer Manie im Sinne einer Persönlichkeitsstörung. Nach fernmündlicher Mitteilung ihrer Mutter ging die Betroffene am 8.12.2001 mit erhobenem Schürhaken unter Drohungen auf diese zu, nachdem sie einige Wochen vorher bereits Türen im Elternhaus eingetreten hatte. In mehreren Telefongesprächen mit Mitarbeitern verschiedener Behörden drohte die Betroffene, bestimmte Behördenmitarbeiter und Polizeibeamte müssten dringend beseitigt, erschossen oder schwer verletzt werden, sie werde die Beseitigung selbst vornehmen und habe ihre Leute schon beauftragt. Weiter äußerte sie am 21.12.2001 ggü. der Sekretärin einer Anwaltskanzlei, sie wolle ihre Mutter umbringen.

Nach einer Untersuchung durch den Arzt des zuständigen Gesundheitsamtes am 18.12.2001 diagnostizierte dieser bei der Betroffenen in einer schriftlichen Stellungnahme vom 19.12.2001 eine affektive Psychose mit manischer verbaler Aggressivität, fehlender Krankheitseinsicht und Wahnsymptomatik. Einen vom AG angesetzten und der Betroffenen telefonisch mitgeteilten Anhörungstermin am 21.12.2001 nahm die Betroffene nicht wahr. Daraufhin ordnete das AG mit Beschluss vom 21.12.2001 ihre vorläufige Unterbringung bis längstens 31.1.2002 in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Noch am gleichen Tag wurde die Betroffene in ein Bezirkskrankenhaus verbracht.

Am 27.12.2001 legte sie gegen die Anordnung sofortige Beschwerde ein. Der Amtsrichter hörte sie am selben Tag in Anwesenheit ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten an. Bei dieser Anhörung diagnostizierte der Oberarzt des Bezirkskrankenhauses eine gereizte maniforme Psychose, die sich bei nicht ausreichender Kritik- und Einsichtsfähigkeit in Logorrhöe und gesteigerter Aktivität äußere. Die Betroffene habe auch in der Klinik Drohungen gegen ihre Eltern sowie Mitarbeiter der Klinik ausgesprochen. Das AG hörte die Betroffene an, lehnte die Aufhebung der vorläufigen Unterbringung ab und legte die Akten dem Beschwerdegericht vor.

Nach Verlegung in ein anderes Bezirkskrankenhaus willigte die Betroffene in den Verbleib in diesem Krankenhaus und die Behandlung ein. Das LG hob daraufhin die vorläufige Unterbringung mit Beschluss vom 23.1.2002 auf. Ende Januar 2002 wurde die Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen erklärte, er stelle die Beschwerde auf die Feststellung um, dass die Anordnung des AG vom 21.12.2001 rechtswidrig gewesen sei.

Das LG hat mit Beschluss vom 28.3.2002 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten weiteren Beschwerde verfolgt die Betroffene ihr Feststellungsbegehren weiter.

II. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig. Es ist insb. fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1, § 70m Abs. 1 i.V.m. § 70g Abs. 3 S. 1 FGG), da die Beschwerdeentscheidung im Zeitpunkt des Eingangs des Rechtsmittels bei Gericht weder der Betroffenen noch ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten zugestellt war. Die Niederlegung des Mandats durch den früheren Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen nach Einlegung des Rechtsmittels hat auf dessen Zulässigkeit keinen Einfluss (vgl. Keidel/Kahl, FGG 14. Aufl., § 29 Rz. 34), weil das Gesetz nur die Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch einen Rechtsanwalt verlangt, nicht hingegen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt während des gesamten Rechtsbeschwerdeverfahrens (vgl. Keidel/Kahl, FGG 14. Aufl., § 29 Rz. 14; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., § 29 FGG Rz. 4, 10; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 29 Rz. 23). Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt, die angeordnete vorläufige Unterbringung der Betroffenen sei rechtmäßig gewesen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, welcher bei der Bedeutung der Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG streng zu beachten sei, sei gewahrt worden. Eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles habe ergeben, dass angesichts der erheblichen Gefährdung, welche von der Betroffenen ausgegangen sei, die vorläufige Unterbringung erforderlich gewesen sei. Nach der ärztlichen Feststellung des Leiters des zuständigen Staatlichen Gesundheitsamtes leide die Betroffene an einer affektiven Psychose mit manisc...

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