Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Nichtbeachtung von Ersuchen der Erben um Auskunft und Rechnungslegung kann ebenso wie unzulängliche Auskunftserteilung eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers darstellen.
2. Eine Entlassung wegen Unfähigkeit kommt zwar auch dann in Betracht, wenn der Testamentsvollstrecker durch Krankheit auf längere Zeit an der Abwicklung der Geschäfte gehindert ist. Dies gilt aber nur dann, wenn die dem Testamentsvollstrecker obliegende Verwaltungsvollstreckung (§ 2209 BGB) so nachhaltig beeinträchtigt wird, daß von einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht mehr gesprochen werden kann
Normenkette
BGB § 2218
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 25.02.1997; Aktenzeichen 6 T 4809/96) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen VI 78/93) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 25. Februar 1997 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht Münchern II zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 1.000.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin, eine Hotelkauffrau, ist im 47. Lebensjahr verstorben. Aus ihrer geschiedenen Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen (Beteiligte zu 1 und 2). Für die 1976 geborene Beteiligte zu 1 war nach dem Tod der Erblasserin die Personensorge auf den geschiedenen Ehemann der Erblasserin übertragen und für die Vermögenssorge eine Ergänzungspflegerin bestellt worden.
In einem notariellen Testament vom 27.3.1990 hat die Erblasserin die Beteiligten zu 1 und 2 als ihre Erben zu gleichen Teilen eingesetzt, Testamentsvollstreckung angeordnet und hierzu folgendes bestimmt:
Die Testamentsvollstreckung für einen Erben endet, wenn
a) dieser Erbe das 25. Lebensjahr vollendet hat und
b) dieser Erbe eine existenzsichernde Berufsausbildung abgeschlossen hat. Ob die Voraussetzung nach Ziff. b) eingetreten ist, entscheidet der Testamentsvollstrecker nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Testamentsvollstrecker hat dafür zu sorgen, daß mit Hilfe meines Nachlasses die Berufsausbildung meiner Erben finanziell gesichert ist. Jeder meiner beiden Erben erhält aus meinem Nachlaß monatlich einen Betrag von 3 000 DM zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Der Testamentsvollstrecker kann diesen Betrag pflichtgemäß kürzen, wenn ausreichende flüssige Mittel aus dem Nachlaß nicht vorhanden sind. Soweit ich im Zeitpunkt meines Todes Grundbesitz selbst nutze, soll der Testamentsvollstrecker diesen Grundbesitz meinen Erben zur Nutzung überlassen. Die Unterhaltung und die Lasten für diesen Grundbesitz haben die Erben selbst zu tragen.
Zum Testamentsvollstrecker ernannte die Erblasserin den Beteiligten zu 3, ihren langjährigen Steuerberater und Rechtsbeistand. Diesem hat das Nachlaßgericht am 24.6.1993 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Am 15.9.1993 hat der Beteiligte zu 3 ein von ihm unterzeichnetes Nachlaßverzeichnis beim Nachlaßgericht eingereicht, welches Nachlaßverbindlichkeiten in Höhe von rund 2.9 Mio DM ausweist sowie Nachlaßwerte (darunter Grundbesitz) in Höhe von rund 6 Mio DM. In dieser Summe ist unter der Rubrik „Erwerbsgeschäfte” ein Betrag von 2.59 Mio DM „lt. Kaufvertrag vom 25.11.1992” enthalten. Gemäß diesem notariellen Kaufvertrag hatte die Erblasserin von ihrem geschiedenen Ehemann dessen mit Zwangsversteigerungsvermerk und Zwangsverwaltung belastetes Grundstück mit der darauf befindlichen Ausflugsgaststätte samt Inventar gekauft. Für die Erblasserin wurden eine Auflassungsvormerkung sowie eine Grundschuld über DM 1.300.000 im Grundbuch eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 3.5.1996 haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim Nachlaßgericht beantragt, den Beteiligten zu 3 als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Sie behaupten verschiedene Pflichtverletzungen sowie ein hierauf beruhendes nicht mehr zu beseitigendes Mißtrauen gegen ihn.
Der Beteiligte zu 3 hat beim Nachlaßgericht beantragt, den Entlassungsantrag zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 5.6.1996 ersuchte er um Verlängerung der Frist zur Erwiderung auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bis 10.7.1996, was ihm stillschweigend gewährt wurde. Am 10.7.1996 beantragte er eine „vorläufige” Fristverlängerung bis 31.7.1996 mit der Begründung, er sei wegen schwerer Erkrankung seit 3.7.1996 arbeitsunfähig und habe sich am 10.7.1996 in stationäre Behandlung begeben müssen.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 16.7.1996 den Beteiligten zu 3 als Testamentsvollstrecker abberufen. Dieser hat das Testamentsvollstreckerzeugnis zurückgegeben und sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im einzelnen bestreitet. Am 19.9.1996 – während des Beschwerdeverfahrens – hat er den Beteiligten zu 1 und 2 eine umfangreiche Rechnungslegung für die Jahre 1993 bis 1996 mit Buchungsnachweisen übergeben. Er hat beim Beschwerdegericht unter anderem beantragt, den geschiedenen Ehemann der Erblasserin al...