Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses über Schließung eines zur Wohnanlage gehörenden Schwimmbades

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Entscheidung vom 10.10.1986; Aktenzeichen 4 T 959/86)

AG Lindau (Bodensee) (Entscheidung vom 21.04.1986; Aktenzeichen UR II 54/85)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 10. Oktober 1986 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 34 500 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, zu der in einem eigenen Gebäude ein Hallenbad und seine Sauna gehören.

Am 29.3.1985 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Mehrheit „die Schwimmhalle ganz zu schließen” und einen Ausschuß mit dem Verkauf der „Schwimmhalle” zu beauftragen.

Die Antragsteller halten diesen Eigentümerbeschluß, der nicht angefochten wurde, für nichtig. Sie verlangen die Wiedereröffnung der Schwimmhalle und der Sauna (ihr Hilfsantrag ist nicht mehr Gegenstand des Verfahrens).

Das Amtsgericht hat die Antragsgegner mit Beschluß vom 21.4.1986 zur Wiedereröffnung (nur) der Sauna verpflichtet und die Anträge im übrigen abgewiesen. Mit Beschluß vom 10.10.1986 hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß abgeändert und die Anträge in vollem Umfang abgewiesen. Das Rechtsmittel der Antragsteller hat es zurückgewiesen.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Verlangen weiter.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Verlangen der Antragsteller sei nicht gerechtfertigt, weil in der Eigentümerversammlung vom 29.3.1985 beschlossen worden sei, das Schwimmbad und die Sauna zu schließen. Dieser Eigentümerbeschluß sei auch für die Antragsteller verbindlich. Er sei nicht nichtig, auch wenn er zu einer in der Teilungserklärung enthaltenen Gebrauchsregelung im Widerspruch stehe. Denn eine solche Gebrauchsregelung sei durch Vereinbarung abzuändern, also nicht unabdingbar. Der Eigentümerbeschluß verstoße auch nicht gegen die guten Sitten. Angesichts der enormen Kostensteigerung und der Unrentabilität des Bade- und Saunabetriebs und des Umstands, daß sich von 66 Miteigentümern lediglich die Antragsteller gegen die Schließung des Bades und der Sauna ausgesprochen hätten, könne ein Verstoß gegen § 138 BGB nicht angenommen werden.

Der Eigentümerbeschluß beziehe sich nicht nur auf das Schwimmbad, sondern auch auf die Sauna, wie sich den Gesamtumständen entnehmen lasse. In der Eigentümerversammlung sei die Schließung und der Verkauf der „Schwimmhalle” wegen zu hoher Kosten behandelt worden. Aus dem Versammlungsprotokoll ergebe sich, daß die Schwimmhalle als „Gesamtkomplex” gesehen worden sei. Auch der Eigentümerbeschluß habe nicht allein das Schwimmbad, sondern auch die Sauna gemeint. Aufgrund dieses Eigentümerbeschlusses sei das Verlangen der Antragsteller auf Wiedereröffnung des Bades und der Sauna unbegründet. Auch die Frage, ob der Eigentümerbeschluß vom 29.3.1985 auch insoweit als gültig und verbindlich anzusehen sei, als er den Verkauf des Hallenbades mit Sauna vorsehe, brauche nicht entschieden zu werden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Antragsteller können nicht verlangen, daß ihnen die Benutzung des Schwimmbades und der Sauna wieder ermöglicht wird; denn die Benutzung des Schwimmbades und der Sauna ist durch den – auch für die Antragsteller verbindlichen – Eigentümerbeschluß vom 29.3.1985 ausgeschlossen worden.

a) Die Annahme des Landgerichts, nach dem Inhalt des Eigentümerbeschlusses vom 29.3.1985 habe nicht nur das Schwimmbad, sondern auch die Sauna geschlossen, ihr Betrieb also eingestellt werden sollen, ist nicht zu beanstanden.

Die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen ist Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Auslegung durch den Tatrichter nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur auf Rechtsfehler überprüfen; ein Rechtsfehler liegt vor, wenn der Tatrichter gegen den klaren Sinn der Urkunde, gegen gesetzliche Auslegungsregeln und allgemein anerkannte Erfahrenssätze oder Denkgesetze verstoßen oder nicht alle für die Auslegung in Betracht kommenden Gesichtspunkte gewürdigt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BayObLGZ 1985, 171/175). Solche Verstöße sind hier nicht ersichtlich. Die Auslegung, die das Landgericht vorgenommen hat, ist möglich. Sie drängt sich nach den vom Landgericht festgestellten Umständen sogar auf. Denn es ist nicht anzunehmen, daß die Mehrzahl der Eigentümer die Schwimmhalle einschließlich Sauna veräußern, den Betrieb der Sauna aber noch aufrechterhalten wollte.

b) Frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Landgerichts, der Eigentümerbeschluß vom 29.3.1985 sei nicht nichtig, sondern rechtswirksam und für alle Wohnungseigentü...

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