Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung als letztwillige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung einer Bankvollmacht als Alleinerbeneinsetzung.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2247

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 17.01.2000; Aktenzeichen 2 T 6391/99)

AG Dachau (Urteil vom 12.10.1999; Aktenzeichen VI 269/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 17. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat dem Beteiligten zu 1 die ihm im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 160.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der am 7.3.1999 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasser stammte aus Rumänien. Er hatte dort geheiratet. Aus dieser Ehe ist ein Sohn, der 1944 geborene Beteiligte zu 1, hervorgegangen, der bei seiner Mutter aufwuchs. Während oder kurz nach dem 2. Weltkrieg kam der Erblasser nach Deutschland. Er lernte eine andere Frau, die Mutter des 1941 geborenen Beteiligten zu 2, kennen und lebte mit ihr ab 1951 in häuslicher Gemeinschaft. Von seiner (1986 vorverstorbenen) Ehefrau, die zunächst noch in Rumänien lebte und erst viele Jahre später zusammen mit dem Beteiligten zu 1 nach Deutschland übersiedelte, ließ er sich gleichwohl nicht scheiden. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus Geldvermögen, und zwar Konten mit Guthaben von ca. 150.000 DM bei der Stadtsparkasse und weiteren Konten mit ca. 10.000 DM Guthaben bei anderen Kreditinstituten.

Im Jahr 1998 erkrankte der Erblasser an Krebs und wurde zu einer Operation in das Krankenhaus eingeliefert. In diesem Zusammenhang errichtete er folgendes Schriftstück, das er später an den Beteiligten zu 2 übergab:

Vollmacht.

Herr … (Beteiligter zu 2) wird hiermit ermächtigt, bei der Stadtsparkasse in … alle zu treffenden Bankangelegenheiten zu tätigen. Über sämtliche auf meinen Namen lautende An- Einlagen u. Konten steht Herrn … (Beteiligter zu 2) volles Verfügungsrecht zu.

Der Beteiligte zu 2 hat auf der Grundlage dieses Schriftstücks einen Erbschein als Alleinerbe beantragt. Er ist der Auffassung, das Schriftstück sei trotz seiner anderen Bezeichnung als Testament anzusehen. Der Erblasser habe eine extreme Scheu davor gehabt, eine ausdrückliche letztwillige Verfügung zu errichten, habe aber mit diesem Schriftstück ihm, dem Beteiligten zu 2, sein gesamtes Vermögen zuwenden wollen. Denn es sei sein Wille gewesen, daß mit dem Geld für seine Lebensgefährtin gesorgt werde und das Geld letztlich deren Familie zukomme. Mit seinem leiblichen Sohn, dem Beteiligten zu 1, habe der Erblasser nur losen Kontakt gehabt. Der Beteiligte zu 1 hat dem widersprochen und seinerseits einen Erbschein beantragt, der ihn kraft gesetzlicher Erbfolge als Alleinerben ausweisen soll.

Das Nachlaßgericht hat durch Beschluß vom 12.10.1999 den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen und einen Erbschein zugunsten des Beteiligten zu 1 als Alleinerben angekündigt. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

II.

Die zu Protokoll des Nachlaßgerichts und damit formwirksam (§ 29 Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 2 FGG) eingelegte weitere Beschwerde ist auch im übrigen zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beteiligte zu 2 könne nur dann Erbe geworden sein, wenn es sich bei dem mit „Vollmacht” überschriebenen Schriftstück um ein Testament handele. Ob der Erblasser den Beteiligten zu 2 durch die „Vollmacht” zu seinem Gesamtrechtsnachfolger bestimmt habe, sei eine Frage der Auslegung. Hier sprächen sowohl der Inhalt und die Bezeichnung des Schriftstücks als auch ein Fehlen des Testierwillens gegen die Annahme, das Schriftstück beinhalte ein Testament. Nach den Angaben des Beteiligten zu 2 habe es der Erblasser abgelehnt, ein Testament zu errichten aus Angst davor, auf diese Weise seinen Tod zu provozieren. Verfasse er ein Schriftstück, das er als Vollmacht bezeichne und das nach seinem Inhalt zweifelsfrei eine solche darstelle, dann handle es sich auch um eine Vollmacht. Der Inhalt des Schriftsstücks sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Ein über die Ermächtigung des Beteiligten zu 2 zur Erledigung von Bankgeschäften und gegebenenfalls zur Abhebung von Geld hinausgehender Inhalt komme der Erklärung nicht zu. Die zwischenmenschlichen Beziehungen des Erblassers und des Beteiligten zu 2 änderten hieran nichts, ebenso nicht der Umstand, daß das in dem Schriftstück erwähnte Konto das wesentliche Vermögen des Erblassers gebildet habe. Der Vollmacht könne nicht der Wille des Erblassers entnommen werden, daß der Beteiligte zu 2 Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers mit allen Rechten und Pflichten habe werden sollen. Angesichts der Eindeutigkeit der Erklärung scheitere eine Auslegung als letztwillige Verfügung. Die Erteilung lediglich einer Vollmacht entspreche auch d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge