Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Zur Überprüfung der Auslegung eines Erbvertrages durch das Beschwerdegericht.
Normenkette
BGB § 2289 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 16.04.1991; Aktenzeichen 4 T 4066/90) |
AG Traunstein (Aktenzeichen VI 1210/88) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 16.4.1991 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat den übrigen Beteiligten die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 100.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin ist 1988 im Alter von … Jahren verstorben. 1962 hatte sie mit ihrem 1980 verstorbenen Ehemann einen notariellen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben einsetzten und folgende weitere Regelung trafen:
Beim Ableben des Überlebenden von uns soll unser Anwesen samt Inventar unseren gemeinschaftlichen Abkömmlingen nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge zufallen. Die Bestimmung einer Nacherbfolge ist hierdurch nicht gewollt.
Der überlebende Ehegatte ist jedoch berechtigt, durch Verfügung von Todes wegen unser Anwesen einem oder mehreren unserer gemeinschaftlichen Abkömmlinge zukommen zu lassen und den oder die Erwerber im Rahmen ortsüblicher Übergabebedingungen zugunsten der anderen Familienangehörigen zu belasten.
Der Beteiligte zu 1 ist der Sohn, die Beteiligte zu 2 die Tochter der Erblasserin; die Beteiligten zu 3 und 4 sind die Kinder einer 1965 verstorbenen weiteren Tochter, die Beteiligten zu 5 und 6 die Kinder eines 1975 verstorbenen weiteren Sohnes.
Am 8.11.1988, wenige Tage vor ihrem Tod, verfaßte und unterschrieb die Erblasserin ein mit Ortsangabe und Datum versehenes Testament mit folgendem Wortlaut:
Mein letzter Wille!
Ich … (Erblasserin) Bestimme hiermit, daß mein Sohn … (Beteiligter zu 1) zu meinem Alleinerben meines Hauses.
Mein Sohn … (Beteiligter zu 1) muß aber meiner Tochter … (Beteiligte zu 2) – 90.000 DM in Worten neunzigtausend Mark Erbteil geben.
Die Kinder meiner verstorbenen Tochter … (Beteiligte zu 3 und 4). Soll jedes 20.000 DM in Worten zwanzigtausend, das auf der R. bank liegt bekommen.
Die Kinder meines verstorbenen Sohnes … (Beteiligte zu 5 und 6) sollen jedes 5 000,– M in Worten fünftausend Mark bekommen, das ebenfalls auf der R. bank liegt.
Mein letzter Wunsch wäre noch, da mein Sohn … (Beteiligter zu 1) keine Kinder hat, daß nach dem Ableben meines Sohnes mein Enkel … (Beteiligter zu 4) das Haus bekommt.
…
Der Nachlaß umfaßt ein Anwesen mit einem Verkehrswert von 322.260,– DM, ein Bankguthaben von 50.000,– DM und ein Wertpapierdepot im Wert von 25.500,– DM.
Der vom Beteiligten zu 1 zunächst gestellte und im Rechtsmittelweg (vgl. Senatsbeschluß vom 13.12.1989 – BReg. 1 a Z 78/89 = FamRZ 1990, 562) verfolgte Antrag, ihm aufgrund des Testaments der Erblasserin einen Alleinerbschein ohne Nacherbenvermerk zu erteilen, blieb erfolglos. Nunmehr hat er beantragt, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Erben zu 1/4 neben der Beteiligten zu 2 als weiterer Erbin zu 1/4 und den übrigen Beteiligten als Erben zu je 1/8 ausweist. Diesen Antrag hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 26.10.1990 zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hat das Landgericht nach Anhörung der Beteiligten zu 2 mit Beschluß vom 16.4.1991 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Testament verstoße nicht gegen die erbvertragliche Bindung. Durch den Erbvertrag seien alle Kinder der Ehegatten zu Schlußerben berufen worden. Dies ergebe sich aus dem ausdrücklichen Hinweis auf die gesetzliche Erbfolge und die nicht gewollte Nacherbfolge, ferner aus dem Umstand, daß bei Vertragsschluß 1962 das Anwesen im wesentlichen das Vermögen der Ehegatten war und das 1988 vorhandene Geldvermögen erst später erworben wurde. Dem Erbvertrag sei ferner der ausdrückliche Vorbehalt zu entnehmen, daß der Überlebende befugt sein sollte, hinsichtlich des Hausgrundstücks die Erbfolge abweichend von der gesetzlichen Erbfolge zu regeln. Ferner enthalte der Erbvertrag die Regelung, daß der Überlebende durch Erbeinsetzung einen oder mehrere Abkömmlinge gegenüber den anderen auch wertmäßig begünstigen könne und auch bei den im Rahmen „ortsüblicher Übergabebedingungen” vorgesehenen Zuwendungen an die nicht zu Erben eingesetzten Abkömmlinge unterschieden werden dürfe. Das Testament halte sich im Rahmen dieser erbvertraglichen Bindung. Es sei auch nicht so auszulegen, daß die Schlußerbenstellung der Abkömmlinge unangetastet bleiben solle und die vorgesehenen Zuwendungen als Vorausvermächtnisse zu sehen seien. Denn der Beteiligte zu 1 sei ausdrücklich als „Alleinerbe” eingesetzt mit der Zuwendung des objektiv und auch nach der Auffassung der Erblasserin bedeutendsten Teils ...