Leitsatz (amtlich)
Zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund, wenn dieser ein tatsächlich nicht bestehendes "Vorkaufsrecht" an Nachlassgrundstücken für sich in Anspruch nimmt.
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 23.08.2004; Aktenzeichen 2 T 214/04) |
AG Passau (Aktenzeichen 1-VI 390/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des LG Passau v. 23.8.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 5) hat die den Beteiligten zu 1) bis 4) im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser ist 1999 im Alter von 69 Jahren verstorben. Er war mit der Beteiligten zu 1) verheiratet, die Beteiligten zu 2) bis 4) sind die gemeinsamen Kinder. Der Beteiligte zu 5) ist ein Bruder des Erblassers.
Der Erblasser hat am 6.12.1998 gemeinsam mit seiner Ehefrau ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten für den "gemeinsamen Nachlass" gegenseitig zu befreiten Vorerben, den Beteiligten zu 3) zum Nacherben eingesetzt haben. Der Erblasser hat ebenfalls am 6.12.1998 ein weiteres privatschriftliches Testament errichtet, in dem er bezüglich seines Anteils an der "Erbengemeinschaft in W. "die Beteiligten zu 1) bis 4) als Erben zu je ¼ eingesetzt hat. Ferner hat er bestimmt:
"Der Anrechenwert wird durch Sachverständigengutachten ermittelt, wenn keine andere Einigung erzielt wird. Um die sachgerechte Verwaltung und Auseinandersetzung meines alleinigen Nachlasses in W. zu gewährleisten und die Möglichkeiten der Steuerersparnisse auszuschöpfen, benenne ich meinen Bruder (Beteiligter zu 5)) als Testamentsvollstrecker zur Durchführung dieser Aufgaben."
Diese Erbengemeinschaft nach dem 1980 verstorbenen Vater des Erblassers bestand ursprünglich aus dem Erblasser, dem Beteiligten zu 5) und zwei weiteren Brüdern, die jeweils Miterben zu ¼ waren. Der 1985 verstorbene Bruder wurde vom Erblasser und vom Beteiligten zu 5) zu gleichen Teilen beerbt. Der 2001 verstorbene Bruder wurde kraft Gesetzes von den Beteiligten zu 2) bis 4) zu je 1/6 und dem Beteiligten zu 5) zu ½ beerbt. Der Nachlass des Vaters des Erblassers besteht im Wesentlichen aus dem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen und dem dazu gehörigen Grundbesitz.
Der Beteiligten zu 1) wurde am 18.8.1999 ein Erbschein als Alleinerbin aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments v. 6.12.1998 erteilt; die Verfügungen in dem Einzeltestament des Erblassers vom selben Tag wurden als Vermächtnisse angesehen. Der Beteiligte zu 5) hat das Amt als Testamentsvollstrecker angenommen und antragsgemäß am 16.11.1999 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erhalten, in dem sein Aufgabenkreis als Vermächtnisvollstrecker bezüglich des Anteils des Erblassers an der Erbengemeinschaft nach seinem Vater beschrieben wurde.
Im Jahr 2000 bot die Gemeinde W. der Erbengemeinschaft an, das Grundstück FlNr. 70 (15.906 qm) zu einem Kaufpreis von 130 DM/qm und das Grundstück FlNr. 927 zu einem Kaufpreis von 9 DM/qm zu erwerben. Das Geschäft kam nicht zustande, da der Beteiligte zu 5) seine Zustimmung verweigerte. In der Folge bot die Gemeinde W. an, eine Teilfläche von 7.500 qm aus dem Grundstück FlNr. 70 zum Preis von 130 DM pro Quadratmeter zu erwerben, ferner wollte eine Gärtnerei im Jahr 2003 eine Teilfläche von 1.000 qm dieses Grundstücks zum Preis von 80 Euro pro Quadratmeter erwerben. Auch diesen Angeboten stimmte der Beteiligte zu 5) nicht zu. Ein vom Beteiligten zu 5) in Auftrag gegebenes Gutachten gab den Verkehrswert für das Grundstück FlNr. 70 als "begünstigtes Agrarland" insgesamt mit 220.000 Euro an, was einem Quadratmeterpreis von knapp 15 Euro entspricht.
Der Beteiligte zu 5) ist der Auffassung, als letzter "leiblicher Erbe" nach seinem Vater sei nur er berechtigt, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen. Nur ihm stünden die Rechte als Miterbe zu; er habe bezüglich der Grundstücke ein Vorkaufsrecht, bei dem der Wert zum Todestag seines Bruders zugrunde zu legen sei. Die später abgegebenen Kaufangebote, die ohnehin sittenwidrig überhöht seien, könnten deshalb nicht berücksichtigt werden. Wertsteigerungen nach dem Todestag kämen ausschließlich ihm als Miterben und Testamentsvollstrecker zugute. Er will eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nur in der Weise vornehmen, dass er sämtliche Grundstücke selbst übernimmt und Ausgleichszahlungen nur auf der Grundlage des Wertes zum Todestag leistet. Das Grundstück FlNr. 70 will er dann der Gemeinde im Wege der Erbpacht überlassen, um die Versorgung seiner Kinder sicherzustellen.
Auf Antrag der Beteiligten zu 1) bis 4) hat das AG nach persönlicher Anhörung mit Beschluss v. 28.6.2004 den Beteiligten zu 5) als Testamentsvollstrecker entlassen. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 5) sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG nach erneuter persönlicher Anhörung mit Beschluss v. 23.8....