Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer Ersatzerbeinsetzung im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung.

 

Normenkette

BGB § 2069

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 31.08.1990; Aktenzeichen 4 T 125/90)

AG Traunstein (Aktenzeichen 7 VI 462/87)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 31. August 1990 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 2 hat dem Beteiligten zu 1 die durch die weitere Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 125.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist 1987 im Alter von 80 Jahren verstorben. Er war seit 1969 in einziger und kinderloser Ehe mit der etwa 5 Jahre jüngeren Mutter der Beteiligten zu 2 verheiratet gewesen. Diese ist ein Kind aus einer geschiedenen Ehe ihrer Mutter. Diese ist 1986 verstorben und von der Beteiligten zu 2 aufgrund eines notariellen Testaments aus dem Jahr 1971 allein beerbt worden. Der Nachlaß des Erblassers besteht im wesentlichen aus dem Hälfteanteil eines Hauses in Oberbayern, das er und die Mutter der Beteiligten zu 2 im Jahr 1957 gemeinsam erworben hatten, aber im wesentlichen nur in der Ferienzeit miteinander bewohnt hatten. Im übrigen lebten sie grundsätzlich getrennt in zwei verschiedenen Wohnungen in Essen und Düsseldorf.

Dem Beteiligten zu 1, dem einzigen Kind des 1972 verstorbenen Bruders des Erblassers, wurde 1987 ein Erbschein als Alleinerbe aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt. Dieser wurde 1989 eingezogen und zurückgegeben, nachdem im Hinblick auf ein von der Beteiligten zu 2 vorgelegtes Testament des Erblassers aus dem Jahr 1957, in dem die Mutter der Beteiligten zu 2 als Alleinerbin eingesetzt war, Zweifel entstanden waren, ob gesetzliche Erbfolge maßgebend sei.

Den Antrag der Beteiligten zu 2, ihr einen Erbschein als Alleinerbin nach dem Erblasser zu erteilen, hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 19.4.1989 abgelehnt. Mit Beschluß vom 15.6.1989 hat es auf den erneuten Antrag des Beteiligten zu 1 diesem einen Erbschein als Alleinerbe, beschränkt für die Zwecke der Grundbucheintragung, erteilt und an ihn herausgegeben.

Gegen diese Entscheidungen hat die Beteiligte zu 2 jeweils Beschwerde eingelegt und beantragt, den erteilten Erbschein einzuziehen. Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 8.1.1990 der Beschwerde gegen den Beschluß vom 19.4.1989 nicht abgeholfen und den Einziehungsantrag abgelehnt. Mit Beschluß vom 31.8.1990 hat das Landgericht die Beschwerden zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2, die trotz entsprechender Ankündigung nicht näher begründet wurde. Der Beteiligte zu 1 hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; er hat sich zur Sache nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Testament, mit dem der Erblasser die Mutter der Beteiligten zu 2 als Alleinerbin eingesetzt habe, enthalte keine Bestimmung für den Fall ihres Vorversterbens. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Ersatzerbeinsetzung im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung seien nicht gegeben. Maßgeblich sei insoweit der Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Der weitere Vortrag der Beteiligten zur späteren Entwicklung der Verhältnisse sei nicht entscheidungserheblich; den Beweisanregungen hierzu sei daher nicht nachzugehen gewesen. Bei Würdigung der insoweit maßgeblichen Umstände, stelle sich das Verhältnis zwischen dem Erblasser und der Mutter der Beteiligten zu 2 als nicht so nahe und eng dar, daß es der Beziehung zu Abkömmlingen vergleichbar wäre. Die Einsetzung als Alleinerbin sei kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, daß diese Zuwendung nicht nur ihr persönlich, sondern als der ersten ihres Stammes gelten sollte. Das Liebesverhältnis mit dem Erblasser habe zwar schon mehrere Jahre vor der Testamentserrichtung bestanden. Auch der gemeinsame Hauskauf deute auf eine auf Dauer angelegte Beziehung hin. Trotz enger persönlicher Bindung sei beiden jedoch nicht nur die berufliche, sondern auch die persönliche Selbständigkeit wichtig gewesen. Die Eheschließung sei schließlich erst etwa 12 Jahre nach der Testamentserrichtung erfolgt.

2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern (§ 27 FGG, § 550 ZPO).

a) Das Landgericht hat zutreffend die Möglichkeit einer ergänzenden Testamentsauslegung (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 50. Aufl. § 2069 Rn. 8 m.w.Nachw.) geprüft.

aa) Da die Mutter der Beteiligten zu 2 und spätere Ehefrau des Erblassers den Erbfall nicht erlebt hat, konnte sie nicht Erbin sein (§ 1923 Abs. 1 BGB). Für diesen Fall hat der Erblasser keine ausdrückliche Regelung getroffen. Zwar halt das Gesetz für eine nachträgliche Testamentslücke infolge Vorversterbens eines Bedachten eine ergänzende Regelung in § 2069 BGB bereit. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut aber nur dann anwendbar, wenn der Erblasser...

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