Verfahrensgang

LG Ansbach (Aktenzeichen 3 O 743/22)

AG Weißenburg i.Bay (Aktenzeichen 1 C 353/22)

 

Tenor

1. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Ansbach vom 25. August 2022 und der zurückverweisende Beschluss des Amtsgerichts Weißenburg i. Bay. vom 25. November 2022 sind nicht bindend.

2. Die Sache wird an das Landgericht Ansbach zur weiteren Tatsachenaufklärung zurückgegeben.

 

Gründe

I. Mit ihrer beim Landgericht Ansbach erhobenen Klage begehrt die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass ein auf ihrem in X. belegenen Grundstück lastendes Geh- und Fahrtrecht, eingetragen im Grundbuch von Y, Band xx, Blatt xx, Fl.-Nr. xxx, nicht mehr zugunsten des jeweiligen Eigentümers des derzeit dem Beklagten gehörenden Nachbargrundstücks (Fl.-Nr. xxx) bestehe (Klageantrag Ziffer I). Zudem beantragt die Klägerin die Bewilligung der Löschung der Grunddienstbarkeit (Klageantrag Ziffer II) sowie die Bezahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 412,10 EUR nebst Zinsen (Klageantrag Ziffer III), die die Klägerin unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 7.500,00 EUR berechnet hat.

In der Klageschrift hat die Klägerin unter Vorlage einer Luftaufnahme der streitgegenständlichen Grundstücke aus dem "BayernAtlas" des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat, eines Auszugs aus dem Liegenschaftskataster sowie der Vorlage eines notariellen Vertrags vom 6. Mai 1975, in dem die Grunddienstbarkeit bestellt worden ist, ausgeführt, das Grundstück des Beklagten sei derzeit nicht bebaut, das Geh- und Fahrtrecht sei weder vom Beklagten noch von seinen Rechtsvorgängern jemals ausgeübt worden und dies sei auch nicht möglich, da über die gesamte Länge des Grundstücks - mit Ausnahme einer Öffnung für Fußgänger - eine zum Teil ca. 3 Meter hohe Hecke angepflanzt sei. Das Geh- und Fahrtrecht sei auch zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen, um das Grundstück Fl.-Nr. xxx zu erreichen, denn es grenze unmittelbar an eine öffentliche Wegefläche an. Ein Vorteil für das herrschende Grundstück liege nicht vor, zudem sei das Geh- und Fahrtrecht wegen Verjährung erloschen.

Mit Beschluss vom 1. August 2022 hat das Landgericht den Streitwert vorläufig auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Mit Verfügung vom 12. August 2022 hat es darauf hingewiesen, sachlich unzuständig zu sein, und angefragt, ob ein Verweisungsantrag gestellt und die sachliche Zuständigkeit gerügt werde.

Am 23. August 2022 hat die Klägerin vorgebracht, es sei zu berücksichtigen, dass es sich bei ihr um einen gewerblichen Betrieb von erheblicher Größe handele. Ihr Abwehrinteresse sei jedenfalls, wie angegeben, mit 7.500,00 EUR zu bemessen. Zur Begründung hat die Klägerin u. a. auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Az. V ZR 233/20) sowie des Oberlandesgerichts München (Az. 7 U 898/19) Bezug genommen. Vorsorglich und hilfsweise werde Verweisungsantrag zum Amtsgericht Weißenburg i. Bay. gestellt.

Am 23. August 2022 hat das Landgericht darauf hingewiesen, die Klagepartei trage selbst vor, dass das Geh- und Fahrtrecht nicht ausgeübt worden sei. Das Nachbargrundstück sei nicht bebaut und eine Ausübung sei wegen der Hecke nicht möglich. Ein höherer Streitwert könne nicht gesehen werden. Dies entspreche der regelmäßigen Festsetzung beim Landgericht Ansbach. Die von der Klägerin genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Januar 2022 befasse sich mit einem Nießbrauch, die Entscheidung des Oberlandesgerichts München betreffe eine "Grunddienstbarkeit gerade für den Betrieb und nicht gegen den Betrieb". Es bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme bis 7. September 2022.

Nachdem der Beklagte am 24. August 2022 die Verweisung an das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. beantragt hatte, hat sich das Landgericht Ansbach mit Beschluss vom 25. August 2022 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe sich auf den Hilfsantrag der Klagepartei für sachlich unzuständig zu erklären. Die Beklagtenseite habe gleichfalls Verweisungsantrag gestellt. Ein Streitwert in der Zuständigkeit des Landgerichts liege nicht vor. Die weitere Begründung entspricht den Ausführungen in der Verfügung vom 23. August 2022.

Am 11. Oktober 2022 hat das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. darauf hingewiesen, dass die Verweisung willkürlich und damit nicht bindend sei. Es beabsichtige, den Gegenstandswert auf 7.500,00 EUR (jeweils 3.750,00 EUR für die Anträge Ziffer I und II) festzusetzen und das Verfahren an das Landgericht Ansbach zurückzuverweisen.

Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2022 hat der Beklagte unter Vorlage von Lichtbildern betont, dass es möglich sei, die Einfahrt mit einem Lkw zu befahren, und ein Streitwert von 7.500,00 EUR für deutlich angemessener gehalten werde als der vom Landgericht angesetzte Streitwert. In seiner beim Landgericht eingereichten und dem Amtsgericht mit dem Schriftsatz vom 20. Oktober 2022 zur Kenntnisnahme übermittelten Klagee...

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