Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Rechtsmissbräuchlichkeit eines Rückbauverlangens sowie Anfechtungsberechtigung eines Miterben einer Erbengemeinschaft
Normenkette
BGB § 2038 Abs. 1 S. 2; WEG § 43
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 16.01.1998; Aktenzeichen 1 T 14427/96) |
AG München (Aktenzeichen UR II 720/94) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 16. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 47.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer im Jahr 1984 begründeten Wohnanlage. Die Wohnung und der Tiefgaragenstellplatz Nr. 2 gehören den beiden Antragstellern in Erbengemeinschaft; die Wohnung und der Tiefgaragenstellplatz Nr. 10 gehören dem Antragsteller zu 2 und der aus den beiden Antragstellern bestehenden Erbengemeinschaft je zur Hälfte.
Mit Schreiben vom 25.5.1993 lud die Verwalterin zur Eigentümerversammlung am 14.6.1993 ein. Der Tagesordnungspunkt (TOP) 6 ist wie folgt bezeichnet:
Sanierung Dach und Fassade
Kostenangebote werden zur Eigentümerversammlung vorgelegt
Zu TOP 6 ist in der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 14.6.1993 ausgeführt:
Sanierung Dach und Fassade
Herr Dipl. Ing. G. erklärte den anwesenden Eigentümern ausführlich die auszuführende Sanierung für das Dach und die Fassade.
Die Kostenschätzung einschl. Bauleitung beträgt für die Fassadensanierung ca. DM 55.000,– und für die Dachsanierung ca. DM 60.000,–.
Die Gemeinschaft genehmigt die Sanierung lt. beiliegendem Leistungsbeschrieb und Skizze.
Beschluß: einstimmig
Schriftliche Unterlagen für die beabsichtigte Sanierung lagen bei der Beschlußfassung nicht vor. Mit der Niederschrift über die Eigentümerversammlung wurde eine Zusammenstellung des Dipl. Ing. G. vom 16.6.1993 über die einzelnen Sanierungsmaßnahmen und den Kostenrahmen übersandt.
Der Antragsteller zu 1 hat beantragt, unter anderem den Eigentümerbeschluß zu TOP 6 für ungültig zu erklären. Der Antragsteller zu 2 hat einen anderen am 14.6.1993 gefaßten Eigentümerbeschluß angefochten. Das Amtsgericht hat am 30.5.1996 den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 16.1.1998 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
Die Sanierungsarbeiten wurden Ende 1993 abgeschlossen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Anfechtungsantrag sei unzulässig. Da zwischen den beiden Antragstellern eine Erbengemeinschaft bestehe, hätten beide den Eigentümerbeschluß zu TOP 6 anfechten müssen. Der Antragsteller zu 2 habe aber ausdrücklich nur einen anderen Eigentümerbeschluß, nicht auch den zu TOP 6 gefaßten Beschluß angefochten.
Zweifelhaft sei, ob nach Abschluß der Arbeiten und Ablauf der Anfechtungsfrist der Antragsteller zu 2 rückwirkend die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses durch den Antragsteller zu 1 habe genehmigen können. Jedenfalls habe aber bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 gefehlt, weil die Sanierungsarbeiten abgeschlossen gewesen seien. Damit sei Hauptsacheerledigung eingetreten. Eine Rückgängigmachung der Arbeiten sei nicht möglich. Auch sonstige Auswirkungen des Eigentümerbeschlusses kämen nicht in Betracht.
Gegenstand des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 seien Maßnahmen gewesen, die durch den Dipl. Ing. G. mündlich erläutert und in der Anlage zu dem Protokoll über die Eigentümerversammlung schriftlich niedergelegt worden seien. Eine Hauptsacheerledigung wäre dann nicht gegeben, wenn die Arbeiten vom Verwalter zu überteuerten Preisen vergeben worden wären und der Eigentümerbeschluß die Vergabe der Arbeiten billigt; denn dann würden Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter ausgeschlossen, wenn der Eigentümerbeschluß bestandskräftig würde. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben. Denn in dem Eigentümerbeschluß sei hinsichtlich der Fassadensanierung nicht über ein bestimmtes Kostenangebot und das zu beauftragende Unternehmen entschieden worden. Wenn die Verwalterin, ohne eine erneute Eigentümerversammlung zur Beschlußfassung darüber einzuberufen, ein überhöhtes Angebot angenommen haben sollte, würden darauf gestützte Schadensersatzansprüche gegen sie durch die Bestandskraft des angefochtenen Eigentümerbeschlusses nicht in Frage gestellt.
Hinsichtlich der Dachsanierung müsse nicht entschieden werden, ob es sich um eine Maßnahme der erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands gehandelt habe. Selbst wenn es sich dabei um eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung gehandelt haben sollte, stünde einem Rückbauanspruch wegen der damit verbundenen hohen Kost...