Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur Mieterhöhung
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 05.10.1982; Aktenzeichen 14 S 8255/82) |
LG München I (Entscheidung vom 22.09.1982; Aktenzeichen 14 S 8255/82) |
AG München (Aktenzeichen 26 C 1285/82) |
Tenor
Bei einem Mieterhöhungsverlangen im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 MHG ist die Wohnfläche weder nach dem Normblatt DIN 283 noch nach der Zweiten Berechnungsverordnung oder einer anderen Rechtsvorschrift zu berechnen; vielmehr ist sie jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Balkonflächen können dabei höchstens mit der Hälfte ihrer tatsächlichen Fläche angesetzt werden.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Vermieter, der Beklagte Mieter einer im dritten Stockwerk des Anwesens … in … gelegenen Wohnung. Diese ist u.a. mit einem fast 26 qm großen, nach Nordosten gerichteten Balkon ausgestattet.
Mit Schreiben vom 23.11.1981 forderte der Kläger den Beklagten auf, einer Erhöhung der „Nettomiete” ab 1.3.1982 von monatlich 549,85 DM auf monatlich 612,41 DM zuzustimmen. Dabei stützte er sich auf das Gutachten eines für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der bei der Ermittlung der Wohnfläche die Balkonfläche zur Hälfte ansetzte.
Da der Beklagte der geforderten Erhöhung nicht zustimmte, erhob der Kläger am 22.2./5.3.1982 Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung zu erteilen.
Das Amtsgericht München gab der Klage mit Endurteil vom 1.4.1982 statt.
Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Wie schon im ersten Rechtszug vertritt er die Auffassung, daß die Wohnfläche seiner Mietwohnung falsch ermittelt worden sei, weil Balkonflächen nicht – wie geschehen – mit der Hälfte, sondern allenfalls mit einem Viertel ihrer tatsächlichen Fläche angesetzt werden dürften. Durch die Multiplikation der vom Sachverständigen festgestellten Quadratmetermiete mit der falschen Wohnfläche ergebe sich ein überhöhter Mietzins.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Landgericht München I hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.9.1982 nach Anhörung beider Parteien folgenden Beschluß erlassen:
I. Es ist ein Rechtsentscheid zu erholen zu folgender Rechtsfrage:
Wird bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG die Berechnung der Wohnfläche nach der zweiten Berechnungsverordnung oder nach DIN 283 oder nach einer sonstigen Rechtsvorschrift vorgenommen?
II. Beide Parteivertreter erhalten Gelegenheit, zu dieser Rechtsfrage und zur Erholung eines Rechtsentscheids bis 1.10.1982 Stellung zu nehmen.
In den Gründen hat es ausgeführt: Die Rechtsfrage sei entscheidungserheblich. Einziger Gegenstand des Berufungsverfahrens sei die Anrechenbarkeit der Balkonfläche. Sowohl vom Sachverständigen als auch vom Kläger sei der ortsübliche Mietzins aus der Wohnungsgröße, multipliziert mit dem begutachteten Quadratmeterpreis, ermittelt worden. Der Sachverständige habe somit den Mietzins, entgegen der Auffassung des Amtsgerichts, nicht unabhängig von der Wohnungsgröße ermittelt; das Mieterhöhungsverlangen sei nicht alternativ – mit Berücksichtigung der Balkonfläche zur Hälfte oder zu einem Viertel – begründet worden.
Die Rechtsfrage sei auch von grundsätzlicher Bedeutung. Sie betreffe alle Mieterhöhungsverlangen bei Wohnungen mit Balkon, Loggia etc. und sei in Rechtsprechung und Lehre umstritten. Es handle sich um eine Frage des materiellen Wohnungsmietrechts.
Die Klagepartei hat unter Vorlage einer Bestätigung des Finanzamts … für Grundbesitz und Verkehrssteuern darauf hingewiesen, daß die Balkone des hier in Frage stehenden Anwesens bei der Berechnung des Einheitswerts zur Hälfte berücksichtigt worden seien.
Das Landgericht hat die Akten am 1./5.10.1982 dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zuständig (Art. III Abs. 2 des 3. MietÄndG vom 21.12.1967 – BGBl I S. 1248 – i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des 3. MietÄndG vom 5.6.1980 – BGBl I S. 657 –; § 1 der VO über die Zuständigkeit für den Rechtsentscheid in Mietsachen vom 18.1.1968 – GVBl S. 17 – i.V.m. § 1 der VO vom 9.1.1968 – GVBl. S. 4 –; BayObLGZ 1980, 360/363 = NJW 1981, 580/581 = ZMR 1981, 93 ff. und ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt BayObLGZ 1983, 50/52).
2. Bei der vorgelegten Frage handelt es sich um eine Rechtsfrage.
a) Zwar liegt die Feststellung einer Wohnungsgröße grundsätzlich auf dem Gebiet des Tatsächlichen. Hier aber geht es nicht um die Feststellung der tatsächlichen Flächen, deren Größe im übrigen zwischen den Parteien unstreitig ist, sondern allein darum, zu welchem Bruchteil die zur Mietwohnung des Beklagten gehörende Balkonfläche anzusetzen ist, um die notwendige Größenrelation zu anderen – vergleichbaren – Wohnungen herstell...