Leitsatz (amtlich)
Wird der Antrag eines Wohnungseigentümers, gegen eine vereinbarungswidrige Nutzung der Gartensondernutzungsfläche einzuschreiten, von den Eigentümern abgelehnt, besteht i.d.R. ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses. Ein derartiger Beschluss entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und ist deshalb für ungültig zu erklären.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 26.05.2003; Aktenzeichen 1 T 18475/02) |
AG München (Beschluss vom 02.10.2002; Aktenzeichen 484 UR II 460/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des AG München vom 2.10.2002 und des LG München I vom 26.5.2003 aufgehoben.
II. Der Eigentümerbeschluss vom 16.4.2002 zu Tagesordnungspunkt 7 wird für ungültig erklärt.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 1.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin war zusammen mit ihrem Ehemann, der am 28.7.2003 verstorben und von ihr allein beerbt worden ist, Eigentümerin einer Eigentumswohnung. Nunmehr ist sie deren Alleineigentümerin. Die Antragsgegner sind die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Gemäß der Teilungserklärung ist den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen der ausschließliche Gebrauch der unmittelbar vor den Wohnungen liegenden Terrassen- und Gartenflächen eingeräumt. In § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist hierzu u.a. geregelt: Soweit Gartenanteile Sondernutzungsrechten unterliegen, ist ihre Gestaltung nur als Ziergarten zulässig.
Die Eigentümer der Wohnung Nr. 8 hatten sich seit längerem darum bemüht, von den übrigen Wohnungseigentümern die Genehmigung für das Aufstellen eines Gerätehäuschens mit dem Grundriss 2 × 2 m auf ihrer Gartensondernutzungsfläche zu erhalten. Im Jahr 1990 lehnten die Wohnungseigentümer eine derartige Genehmigung ab. Im Jahr 1992 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Errichtung eines Gerätehauses mit der Größe von ca. 4 m2 und der Höhe von ca. 2 m zu genehmigen. Dieser Eigentümerbeschluss wurde auf Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns rechtskräftig für ungültig erklärt. In der Folgezeit errichteten die Rechtsnachfolger der damaligen Eigentümer der Wohnung Nr. 8 auf ihrer Gartensondernutzungsfläche ein Gartenhäuschen mit den Maßen 1,5 m lang, 1,2 m breit und 1,6 m hoch.
Der Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns, die Eigentümerversammlung möge die Entfernung des Gartenhäuschens bei Wohnung Nr. 8 beschließen, wurde am 16.4.2002 zu TOP 7 mit 30 gegen 1 Stimme abgelehnt.
Den Antrag, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, hat das AG mit Beschl. v. 2.10.2002 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin und ihres Ehemanns dagegen hat das LG am 26.5.2003 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag als unzulässig abgewiesen werde. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Ungültigerklärung des angefochtenen Eigentümerbeschlusses.
1. Das LG hat ausgeführt: Den Antragstellern fehle für die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, so dass ihr Anfechtungsantrag bereits unzulässig sei. Der Eigentümerbeschluss erschöpfe sich in der Ablehnung des Antrags auf Beseitigung des Gartenhäuschens; eine sachliche Regelung sei damit nicht verbunden worden. Es liege deshalb ein sog. Nichtbeschluss vor, der keinerlei Rechtswirkungen auslöse. Das eigentliche Rechtsschutzziel der Antragsteller, die Beseitigung des Gartenhäuschens zu erreichen, werde durch den angefochtenen Eigentümerbeschluss nicht behindert. Der Eigentümerbeschluss beinhalte auch nicht zugleich die Genehmigung der Errichtung des Gartenhäuschens.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Ansicht des LG, für die Anfechtung eines ablehnenden Eigentümerbeschlusses, eines sog. Nichtbeschlusses, fehle das Rechtsschutzbedürfnis, ist überholt. Der BGH hat am 23.8.2001 (BGH v. 23.8.2001 – V ZB 10/01, BGHZ 148, 335 = MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863 = NJW 2001, 3339 = ZMR 2001, 809) entschieden, dass in Abweichung von der bisherigen Rspr., auch des BayObLGs, einem negativen Abstimmungsergebnis Beschlussqualität zukommt. Dem hat sich der Senat angeschlossen (BayObLGZ 2002, 20 [25]). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines solchen Beschlusses kann im Allgemeinen nicht verneint werden. Hier kommt hinzu, dass die Antragstellerin vom Eigentümer der Wohnung Nr. 8 die Beseitigung des Gartenhäuschens verlangt. Nach der neueren Rspr. des BGH und des Senats stände der ablehnende Eigentümerbeschluss dem Beseitigungsverlangen im Wege (BayObLGZ 2002, 247 [249]; BayObLG, Beschl. v. 9.10.2003 – 2Z BR 131/03 und Beschl. v. 30.10.2003 – 2Z ...