Leitsatz (amtlich)
1. Ein auf der Sondernutzungsfläche des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartens errichtetes Gartenhäuschen stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die i.d.R. mehr stört, als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar ist, und die deshalb der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf.
2. Die Errichtung eines Gartenhäuschens auf der zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche ist mit einer Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung unvereinbar, nach der der Garten nur als Ziergarten genutzt werden darf.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 26.05.2003; Aktenzeichen 1 T 18491/02) |
AG München (Beschluss vom 02.10.2002; Aktenzeichen 484 UR II 492/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des LG München I vom 26.5.2003 und des AG München vom 2.10.2002 aufgehoben.
II. Die Antragsgegner werden verpflichtet, das auf der ihnen zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche errichtete Gartenhäuschen zu beseitigen.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 1.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin war zusammen mit ihrem Ehemann, der am 28.7.2003 verstorben und von ihr allein beerbt worden ist, Eigentümerin einer Eigentumswohnung. Nunmehr ist sie deren Alleineigentümerin. Die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Die Erdgeschosswohnung Nr. 8 gehört derzeit den Antragsgegnern. Die Wohnung der Antragstellerin liegt im Obergeschoss.
Gemäß der Teilungserklärung ist den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen der ausschließliche Gebrauch der unmittelbar vor den Wohnungen liegenden Terrassen- und Gartenflächen eingeräumt. In § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist hierzu bestimmt: Soweit Gartenanteile Sondernutzungsrechten unterliegen, ist ihre Gestaltung nur als Ziergarten zulässig.
Die Eigentümer der Wohnung Nr. 8 hatten sich seit längerem darum bemüht, von den übrigen Wohnungseigentümern die Genehmigung für das Aufstellen eines Gartenhäuschens mit einem Grundriss von 2 mal 2 m auf ihrer Gartensondernutzungsfläche zu erhalten. Im Jahr 1990 lehnten die Wohnungseigentümer eine derartige Genehmigung ab. Im Jahr 1992 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Errichtung eines Gerätehauses mit der Größe von circa 4 m2 und der Höhe von etwa 2 m zu genehmigen. Dieser Eigentümerbeschluss wurde auf Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns rechtskräftig für ungültig erklärt. In der Folgezeit errichteten die Antragsgegner, die Rechtsnachfolger der damaligen Eigentümer der Wohnung Nr. 8, auf ihrer Gartensondernutzungsfläche ein 1,5 m langes, 1,2 m breites und 1,6 m hohes Gartenhäuschen.
Der Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns, die Eigentümerversammlung möge die Entfernung des Gartenhäuschens beschließen, wurde am 16.4.2002 abgelehnt. Dieser Eigentümerbeschluss wurde durch Beschluss des Senats (BayObLG, Beschl. v. 20.11.2003 – 2Z BR 133/03) für ungültig erklärt.
Die Antragstellerin und ihr Ehemann haben beantragt, die Antragsgegner zur Beseitigung des Gartenhäuschens zu verpflichten. Das AG hat den Antrag am 2.10.2002 abgelehnt. Das LG hat durch Beschluss vom 26.5.2003 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Verpflichtung der Antragsgegner, das Gartenhäuschen zu entfernen.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer sei zur Errichtung des Gartenhäuschens als einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht erforderlich, weil die übrigen Wohnungseigentümer nicht in ihren Rechten über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt würden. Die vorliegenden Lichtbilder zeigten, dass das Gartenhäuschen den Gesamteindruck des Gartens nicht in erheblicher Weise störe, sich vielmehr harmonisch einfüge. Wesentliche Bedeutung komme dem Umstand zu, dass es sich um ein Spielhäuschen für Kinder handle. Die Nutzungsbeschränkung des Gartens in der Gemeinschaftsordnung auf die Anlegung eines Ziergartens stehe der Errichtung eines Gartenhäuschens nicht entgegen. Eine Bindungswirkung durch den Eigentümerbeschluss von 1990 und die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses von 1992 bestehe nicht, weil Gegenstand ein mit dem errichteten Gartenhäuschen nicht vergleichbares Gerätehäuschen gewesen sei.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des LG, dass es sich bei dem Gartenhäuschen um eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums handelt, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinaus geht und daher nur dann ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zulässig ist, wenn sie nicht mehr stört, als bei ...