Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtehelichenerbrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung des § 1934a Abs. 1 BGB verhindert nicht in allen Fällen das Entstehen einer Erbengemeinschaft, in der das nichteheliche Kind mit ehelichen Abkömmlingen seines Vaters zusammentrifft. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus kommt nicht in Betracht, zumal die Verfassungsmäßigkeit.

 

Normenkette

BGB § 1934a Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 06.12.1995; Aktenzeichen 4 T 1864/95)

AG Memmingen (Aktenzeichen VI 1489/94)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 6. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 155.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der ledige und kinderlose Erblasser ist im Jahr 1994 verstorben. Aus der Ehe seiner vorverstorbenen Eltern stammt außerdem eine Schwester, die Beteiligte zu 1. Der im Jahr 1956 geborene Beteiligte zu 2 ist der nichteheliche Sohn des Vaters des Erblassers.

Die Beteiligte zu 3, die frühere Lebensgefährtin des Erblassers, übergab dem Nachlaßgericht eine mit „Testament” überschriebene, in zahlreiche Teile zerrissene und mittels Klebestreifen zusammengesetzte Urkunde vom 30.9.1992, in der der Erblasser die Beteiligte zu 3 als Erbin seines Hauses in M. sowie die Beteiligte zu 1 als Erbin seines Bauplatzes in O. und seiner „Geldersparnisse” eingesetzt hatte.

Der Nachlaß besteht aus dem Wohnhaus in M., dessen Wert das Nachlaßgericht mit rund 327.000 DM errechnet hat, dem Bauplatz in O., dessen Wert nach den Berechnungen des Nachlaßgerichts rund 45.000 DM betragen soll, sowie aus Bankguthaben von rund 238.000 DM. Die Nachlaßverbindlichkeiten belaufen sich nach den Angaben der Beteiligten zu 1 auf rund 7.500 DM.

Die Beteiligte zu 1 hält das Testament für ungültig, so daß die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Sie beantragte daher mit Schriftsatz ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 12.4.1995, ihr einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen. Der Beteiligte zu 2 beantragte einen Erbschein, der die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 3/4 und ihn als Erben zu 1/4 ausweisen sollte. Mit Verfügung vom 4.9.1995 stellte die Nachlaßrichterin fest, daß die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei und übertrug die Erteilung eines Erbscheins dem Rechtspfleger. Dieser bewilligte am 6.9.1995 den vom Beteiligten zu 2 beantragten Erbschein und erteilte ihm eine Ausfertigung. Die Beteiligte zu 1 legte beim Nachlaßgericht Beschwerde „gegen den Erbschein vom 6.9.1995” ein, beantragte dessen Einziehung und wiederholte „vorsorglich” den Erbscheinsantrag vom 12.4.1995. Der Rechtspfleger half mit Beschluß vom 10.10.1995 der Beschwerde nicht ab (Nr. 1) und wies den Einziehungsantrag zurück (Nr. 2). Gegen die Nr. 2 dieser Entscheidung legte die Beteiligte zu 1 vorsorglich Erinnerung ein, der vom Rechtspfleger und von der Nachlaßrichterin nicht abgeholfen wurde. Der Beteiligte zu 2 äußerte sich hierzu nicht.

Das Landgericht wies mit Beschluß vom 6.12.1995 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 „gegen den Erbschein vom 6.9.1995” zurück, ordnete an, daß die Beteiligte zu 1 die dem Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten habe, und setzte den „Beschwerdewert” auf 155.000 DM fest. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie beantragt, den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 10.10.1995 aufzuheben, den Erbschein vom 6.9.1995 einzuziehen und ihr einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen. Den Beteiligten zu 2 und 3 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; sie haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das „offenbar” vom Erblasser zu einem nicht bekannten Zeitpunkt zerrissene und von der Beteiligten zu 3 in zusammengeklebter Form vorgelegte Testament vom 30.9.1992 sei gemäß § 2255 BGB widerrufen worden, so daß die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Gesetzliche Erben seien die Beteiligte zu 1 zu 3/4 und ihr Halbbruder, der Beteiligte zu 2, zu 1/4. Die Vorschrift des § 1934a BGB sei weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Da somit der Erbschein vom 6.5.1995 richtig sei, seien die Anträge der Beteiligten zu 1, ihn einzuziehen und ihr einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, gegenstandslos.

2. Die Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Mit Recht hat das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 1 für zulässig angesehen. Sie war allerdings nach Erteilung des Erbscheins durch Hinausgabe einer Ausfertigung an den Beteiligten zu 2 (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 55. Aufl. § 2353 Rn. 34) nur mit dem Ziel statthaft, den Erbschein gemäß § 2361 BGB einzuziehen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. BayObLG FamRZ 1976, 101/103 und NJW-RR 1990, 1481; Palandt/Edenhofer aaO Rn. 36; Keidel/Winkler FGG 13. Aufl. Rn. 4, Bassenge/Herbst FGG/RPflG 7. Aufl. Rn. ...

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