Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 2255 Satz 1 BGB kann ein Testament auch dadurch widerrufen werden, daß der Erblasser in Aufhebungsabsicht Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt, etwa indem er den Text durchstreicht. Auch einzelne Verfügungen im Testament können durch Streichung aufgehoben werden.

 

Normenkette

BGB § 2255 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 11.04.1997; Aktenzeichen 21 T 22/97)

AG Coburg (Aktenzeichen VI 1/96)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Coburg vom 11. April 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 2 bis 5 haben die dem Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 45.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Jahr 1995 starb die unverheiratete und kinderlose Erblasserin im Alter von 82 Jahren. Die Erblasserin hatte drei Geschwister, den Beteiligten zu 1, eine 1927 ohne Abkömmlinge verstorbene Schwester und einen 1994 verstorbenen Bruder, dessen vier Kinder die Beteiligten zu 2 bis 5 sind.

Die Erblasserin hinterließ zwei handschriftliche letztwillige Verfügungen. In der ersten, die mit „Mein letzter Wille” überschrieben ist, bestimmte sie u.a:

Meinem Bruder (Beteiligter zu 1) fällt zunächst alles was mir gehört zu.

Lieber … (Beteiligter zu 1)! Von meinen Ersparnissen gebe bitte folgende Beträge ab: …

Die Wohnung und was sonst noch ist, soll Dir gehören.

Diese Verfügungen sind zum Teil schräg, zum Teil quer durchgestrichen. Die Erblasserin hat außerdem in dieser Testamentsurkunde 11 mit Vermächtnissen Begünstigte und die ihnen jeweils zugedachten Geldbeträge aufgelistet. Die Zuwendung eines Geldbetrags an den vorverstorbenen Bruder (der Vater der Beteiligten zu 2 bis 5) ist ebenfalls durchgestrichen. Auch die Zuwendung an zwei Begünstigte ist durchgestrichen und zusätzlich mit dem Vermerk „entfällt s. Anhang” versehen. Die Urkunde enthält die Datumsangabe „19.3.1983” und die Unterschrift der Erblasserin.

Das zweite, mit „Testament” überschriebene Schriftstück ist weder datiert noch von der Erblasserin unterschrieben. Darin bestimmte sie, daß der Beteiligte zu 1 sowohl ihre Eigentumswohnung als auch nach Abzug aller Unkosten und der nachstehend aufgeführten einzelnen Verfügungen ihr restliches Bargeld erhalten solle.

Das Nachlaßgericht erteilte auf Antrag des Beteiligten zu 1 am 5.9.1996 einen Erbschein dahin, daß die Erblasserin vom Beteiligten zu 1 zu 1/2 und den Beteiligten zu 2 bis 5 zu je 1/8 aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt worden sei. Hiergegen legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein und beantragte die Einziehung des Erbscheins, weil die Erblasserin aufgrund letztwilliger Verfügung durch den Beteiligten zu 1 allein beerbt worden sei. Das Landgericht ordnete im Beschluß vom 11.4.1997 die Einziehung des vom Nachlaßgericht erteilten Erbscheins an. Gegen diesen Beschluß richtet sich das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 bis 5. Der Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten. Der Erbschein ist ausweislich der Akten bisher nicht an das Nachlaßgericht zurückgegeben worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 bis 5 ist als weitere Beschwerde zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

  1. Das Landgericht hat zu Recht die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1 bejaht, auch wenn dieser ursprünglich den vom Nachlaßgericht erteilten Erbschein beantragt, dann aber Beschwerde mit dem Ziel eingelegt hatte, diesen Erbschein einzuziehen (vgl. BayObLGZ 1966, 408/411; Keidel/Kahl FGG 13. Aufl. Rn. 52, Jansen FGG 2. Aufl. Rn. 20, jeweils zu § 20).
  2. Die undatierte, mit „Testament” überschriebene letztwillige Verfügung der Erblasserin hat das Landgericht zutreffend nicht als wirksam erachtet. Sie ist von der Erblasserin nicht unterschrieben und daher nicht wirksam errichtet. Die Selbstbenennung der Erblasserin am Anfang des Textes der letztwilligen Verfügung stellt keine Unterschrift im Sinn des § 2247 Abs. 1 BGB dar (vgl. BayObLGZ FamRZ 1988, 1211, OLG Hamm OLGZ 1986, 292; Palandt/Edenhofer BGB 56. Aufl. Rn. 14, MünchKomm/ Burkart BGB 2. Aufl. Rn. 28, jeweils zu § 2247).
  3. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das Testament vom 19.3.1983 formwirksam von der Erblasserin errichtet wurde (§ 2247 Abs. 1 BGB) und die Einsetzung des Beteiligten zu 1 als Alleinerben enthält. Dies wird von den Rechtsbeschwerdeführern auch nicht angegriffen.
  4. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Erblasserin diese Erbeinsetzung im Testament vom 19.3.1983 dadurch widerrufen hat, daß sie sämtliche auf die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 bezogenen Verfügungen im Testament durchgestrichen hat. Das Landgericht hat dies rechtsfehlerfrei verneint.

(1) Nach § 2255 Satz 1 BGB kann ein Testament auch dadurch...

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