Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts ist nur gegeben, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen in einem inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer stehen. Ein solcher Zusammenhang ist gegeben, wenn die übrigen Wohnungseigentümer den Bauträger, der auch Wohnungseigentümer ist, deshalb in Anspruch nehmen, weil noch nicht sämtliche Gebäude errichtet wurden und deshalb wegen der infolgedessen überdimensionierten Heizungsanlage Mehrkosten anfallen.

2. Der Geschäftswert für die Beschwerde gegen einen Beschluss, durch den eine Sache vom Wohnungseigentumsgericht an das Prozessgericht verwiesen wurde, entspricht dem Geschäftswert der Hauptsache. Allein die Tatsache, dass im Beschwerdeverfahren lediglich über die Zuständigkeit entschieden wird, begründet kein Missverhältnis von Kosten und Interesse der Beteiligten.

 

Normenkette

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1, §§ 46, 48 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Aktenzeichen 4T 3632/01)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 10 UR II 68/00)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller werden die Beschlüsse des LG Traunstein vom 17.10.2001 und des AG Rosenheim vom 8.8.2001 aufgehoben.

II. Zuständig ist das AG Rosenheim – Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 17.764,36 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsgegnerin hat die Wohnanlage als Bauträgerin errichtet. Sie hat Wohnungs- und Teileigentum für insgesamt sechs Häuser begründet. Tatsächlich kam es jedoch bisher nur zur Errichtung von drei Häusern. Die Wohnungsgrundbücher sind angelegt. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin mehrerer Wohnungen, insbesondere aller noch nicht errichteter Wohnungen.

Die Antragsteller haben vor dem Wohnungseigentumsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragsteller zu Händen deren Verwalterin 34.774,07 DM zu bezahlen. Sie haben hierzu vorgetragen, die Heizungs- und Warmwasserzentrale sei gemäß den Plänen für die Gesamtanlage, nämlich für sechs Gebäude, errichtet worden. Die Heizungs- und Warmwasserzentrale sei nicht auf die tatsächlich errichteten nur drei Gebäude zugeschnitten und eingestellt worden. Außerdem sei von der Antragsgegnerin bzw. deren Beauftragten der theoretische Gasverbrauch an die Stadtwerke für das Gesamtanwesen gemeldet und auch auf dieser Grundlage der Gaspreis berechnet worden. Durch eine unrichtige Einstellung der Pumpen seien vermeidbare Stromkosten entstanden. Außerdem seien unnötig aufgewandte höhere Wartungskosten angefallen. Aus den Mehrkosten für Gas, Strom und Brennerwartungen errechnen die Antragsteller die geltend gemachte Summe. Sie sind der Ansicht, dass die Antragsgegnerin als Wohnungseigentümerin diese Mehrkosten in Form von Wohngeld tragen müsse. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass sich ihr Anspruch aus § 16 Abs. 2 WEG i.V.m. den Grundsätzen von Treu und Glauben ergebe.

Das AG – Wohnungseigentumsgericht – hat sich am 8.8.2001 für unzuständig erklärt und das Verfahren an das LG – Prozessgericht – abgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hiergegen hat das LG mit Beschluss vom 17.10.2001 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II. 1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Ein Beschluss des AG, durch den in entsprechender Anwendung von § 46 Abs. 1 WEG, § 17a GVG eine Sache aus dem Wohnungseigentumsverfahren in das Streitverfahren verwiesen wird, ist nach den für die Hauptsacheentscheidung geltenden Vorschriften des § 45 Abs. 1 WEG anfechtbar (BayObLG NJW-RR 1999, 11).

2. Das LG hat ausgeführt:

Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sei das Prozessgericht zuständig. Das Wohnungseigentumsgericht sei nur zuständig, wenn das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei. Die Antragsgegnerin sei zwar Wohnungseigentümerin, jedoch werde sie nicht in ihrer Eigenschaft als Wohnungseigentümerin, sondern als Bauträgerin in Anspruch genommen. Dies begründe die Zuständigkeit des Prozessgerichts. Die Antragsgegnerin habe den Einbau der Anlage als Bauträgerin vorgenommen. Auch die behauptete Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Einstellung der Anlage auf den geringeren Verbrauch ergebe sich aus ihrer Tätigkeit als Bauträgerin. Wäre der Bauträger ein fremder Dritter oder hätte er bereits sämtliche Wohnungen veräußert, müssten die Antragsteller zur Geltendmachung ihrer Ansprüche das Prozessgericht anrufen. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin zufällig auch noch Wohnungseigentümerin sei, könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da es andernfalls vom Zufall abhinge, ob das Wohnungseigen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge