Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Beseitigung
Leitsatz (amtlich)
Eine von den übrigen Wohnungseigentümern nicht hinzunehmende Beeinträchtigung kann auch in der nachteiligen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Wohnanlage bestehen. Ob dies der Fall ist, hat grundsätzlich der Tatrichter festzustellen und zu entscheiden.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 31/00) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 5985/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 7. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Der Antragsgegner brachte vor seiner Dachgeschoßwohnung einen Balkon an.
Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Balkon zu entfernen und den ursprünglichen Zustand der Fassade wiederherzustellen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 15.3.2000 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 7.6.2000 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Errichtung des Balkons sei eine bauliche Veränderung, die weder durch die Gemeinschaftsordnung gedeckt sei noch die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gefunden habe.
Durch den Balkon werde, wofür durch den vorgenommenen Augenschein und die vorgelegten Lichtbilder Beweis erbracht worden sei, der architektonische Gesamteindruck der Wohnanlage nachteilig verändert. Der Balkon rage als einziges Bauelement auf der Querseite des Gebäudes aus der Fassade heraus und wirke wie ein „Anhängsel”. Zwar befänden sich auf der Längsseite des Gebäudes mehrere Balkone, diese bildeten aber eine einheitliche Linie.
Abgesehen davon werde durch den strittigen Balkon der Lichteinfall auf den darunter gelegenen, mit der Fassade abschließenden Balkon der Antragstellerin zu 1 und in deren Küchenfenster erheblich verringert. Im übrigen könne von dem Balkon aus in das Wohnzimmer des Antragstellers zu 2 gesehen werden; auch sei die Sicht aus dem Wohnzimmer des Antragstellers zu 2 aufgrund der massiven Holzbalken des Balkons beeinträchtigt.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Antragsgegner ist nach § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verpflichtet, den Balkon zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand der Fassade wiederherzustellen.
Die Errichtung des Balkons durch den Antragsgegner ist eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß ein Nachteil im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG auch die nicht ganz unerhebliche nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage sein kann (BayObLG NJW-RR 1993, 337 m.w.N.). Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, daß durch den Balkon eine optisch nachteilige Veränderung der Fassade eingetreten ist. Diese Würdigung liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht. Dies ist nicht der Fall.
Das Entsprechende gilt für die Feststellung des Landgerichts, der Balkon bringe abgesehen davon auch erhebliche Nachteile für die Wohnungen der Antragsteller mit sich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Unterschriften
Dr. Reichold, Werdich, Dr. Delius
Fundstellen
Haufe-Index 604677 |
ZWE 2000, 575 |
IPuR 2000, 41 |