Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwachsenenadoption: Adoption eines volljährigen Ausländers zu dem Zweck der Sicherung seines Verbleibens in Deutschland
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Erwachsenenadoption, insbesondere zum Eltern-Kind-Verhältnis zwischen einem 57jährigen ledigen und kinderlosen Deutschen und einem 20jährigen Polen, den der Deutsche auf einer Reise durch Polen kennengelernt hat, wenn der Pole seit mehr als einem Jahr ohne Aufenthaltserlaubnis bei dem Deutschen wohnt und von ihm unterhalten wird.
Normenkette
BGB § 1767 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 01.08.1996; Aktenzeichen 13 T 2390/96) |
AG Neumarkt i.d. OPf. (Aktenzeichen XVI 8/95) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. August 1996 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am 13.1.1939 geborene Beteiligte zu 1 ist deutscher Staatsangehöriger, ledig und kinderlos. Er ist aufgrund verschiedener Leiden als Schwerbehinderter anerkannt. Am 14.4.1995 lernte er bei einem Besuch in Polen den damals 19 Jahre alten Beteiligten zu 2 kennen, der arbeitslos war. Er bot an, dieser könne ihn besuchen, wenn er einmal nach Deutschland komme. Bereits Ende April 1995 meldete sich der Beteiligte zu 2, der die polnische Staatsangehörigkeit besitzt, bei dem Beteiligten zu 1 in Deutschland. Er lebt seither bei diesem in dessen Haus. Mit Bescheid vom 24.9.1995 wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis versagt. Ihm wurde die Abschiebung angedroht. Sein Antrag, die Vollziehung dieses Bescheids auszusetzen, ist ohne Erfolg geblieben. Eine Arbeit in dem von ihm erlernten Beruf eines Maurers kann der Beteiligte zu 2 mangels Arbeitserlaubnis nicht aufnehmen.
Die Beteiligten haben zunächst durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17.7.1995 an das Vormundschaftsgericht, später zu notarieller Urkunde vom 26.9.1995 beantragt auszusprechen, daß der Beteiligte zu 2 durch den Beteiligten zu 1 als Kind angenommen werde. Das Vormundschaftsgericht hat die Beteiligten angehört und den Geschwistern des Beteiligten zu 1 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Beschluß vom 22.2.1996 hat es den Anträgen keine Folge gegeben. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der beiden Beteiligten hat das Landgericht nach deren erneuter Anhörung mit Beschluß vom 1.8.1996 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1, mit der er seinen Adoptionsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Nach Auffassung des Landgerichts ist die beantragte Annahme sittlich nicht gerechtfertigt. Es bestünden erhebliche Bedenken, ob eine dauernde, und nicht nur eine vorübergehende Beziehung zwischen den Beteiligten zu erwarten sei. Der Beteiligte zu 1 habe den Beteiligten zu 2 zunächst nur von einem kurzen Gespräch auf einem Bahnhof in Polen gekannt, wobei sich die beiden nur schwer hätten verständigen können. Dennoch hätten die Beteiligten bereits knapp drei Monate später einen (formungültigen) Antrag auf Adoption gestellt. In dieser kurzen Zeit habe nicht hinreichend Gelegenheit bestanden zu erkennen, ob die Beteiligten auf Dauer würden ein gutes Verhältnis zueinander aufrechterhalten können. Der Beteiligte zu 2 sei illegal eingereist und als mittelloser Ausländer auf den guten Willen des Beteiligten zu 1 angewiesen. Bleibe es trotz Adoption bei einer Ausweisung, so sei zweifelhaft, ob das derzeit gegebene gute Verhältnis auf Dauer bestehen bleiben könne. Der Beteiligte zu 2 könne dann selbständig Geld verdienen, ohne auf den Beteiligten zu 1 angewiesen zu sein. Auch deuteten seine Angaben bei der Anhörung und sein weiteres Verhalten darauf hin, daß er wenig zuverlässig sei. Bei ihm spiele es eine große Rolle, daß er in Deutschland bleiben und seine wirtschaftliche Situation verbessern wolle. Bei dem Beteiligten zu 1 hingegen seien die wahren Motive für den Annahmeantrag nicht bekannt. Es spiele wohl eine Rolle, daß er im Alter und bei verstärkter Behinderung eine Hilfe haben wolle. Ob sich eine ernsthafte Bindung zwischen den beiden Beteiligten entwickeln werde, sei höchst zweifelhaft.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.
a) Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit des annehmenden Beteiligten zu 1 die deutschen Gerichte zur Entscheidung über die Annahme international zuständig sind (§ 43b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGG), und daß für diese Entscheidung gemäß Art. 22 Satz 1 EGBGB das deutsche Adoptionsrecht maßgebend ist (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 183). Zu Recht haben sie die Vorschriften über die Annahme Volljähriger (§§ 1767 ff. BGB) herangezogen, da der anzunehmende Beteiligte zu 2 als polnischer Staatsangehöriger nach seinem insoweit maßgebenden Heimatrecht (vgl. Art. 7 Abs. 1 EGBGB und BayObLG a.a.O.) bere...