Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung eines Testaments, in dem der Erblasser seiner Tochter aus erster Ehe den Hauptnachlaßgegenstand und seiner zweiten Ehefrau den gesamten übrigen Nachlaß vermacht.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2084, 2087

 

Verfahrensgang

AG Forchheim (Aktenzeichen VI 0421/98)

LG Bamberg (Aktenzeichen 3 T 97/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 4. August 1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 111.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der 1998 im Alter von 62 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal verheiratet. Aus der 1985 geschiedenen ersten Ehe ist die Beteiligte zu 2 als einziges Kind hervorgegangen. Die Beteiligte zu 1 ist die zweite Ehefrau des Erblassers, die er am 12.10.1985 geheiratet hat.

Am 15.6.1986 verfügte der Erblasser handschriftlich wie folgt:

„Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte errichte ich hiermit das nachfolgende Testament und verfüge: Im Falle meines Ablebens soll meine Tochter A. … (Beteiligte zu 2) meinen Anteil an der Eigentumswohnung in M. …, nebst meinem Anteil an der zugehörigen Garage, erhalten. Aus meinem nachgelassenen Barvermögen soll meine Tochter A. … den Anteil erhalten, der zur Abdeckung einer etwa noch auf der Eigentumswohnung entsprechend meinem Besitzanteil lastenden Hypothek oder Grundschuld erforderlich ist. Ferner erhält meine Tochter A. … als Vermächtnis meine Briefmarkensammlung, die ich von meinem Vater ererbt habe. Meinen gesamten übrigen Nachlaß, insbesondere Bargeld und Kapitalvermögen, soll meine Ehefrau M. … (Beteiligte zu 1) erhalten.”

Mit Beschluß vom 8.4.1999 lehnte das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zu 2 ab, ihr einen gemeinschaftlichen Erbschein auszustellen, der auf sie und die Beteiligte zu 1 als Miterbin zu je 1/2 lautet. Am 9.4.1999 erteilte das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 1 einen Erbschein, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin ausweist.

Gegen den Beschluß vom 8.4.1999 legte die Beteiligte zu 2 Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluß vom 4.8.1999 zurückwies. Mit der am 5.4.2000 eingegangenen weiteren Beschwerde beantragt die Beteiligte zu 2 die Aufhebung dieses Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Sie macht nunmehr auch geltend, Alleinerbin zu sein.

II.

Die nicht fristgebundene und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig. Der Rechtsbeschwerdeführerin fehlt auch nicht deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil zwischen den Beteiligten eine Feststellungsklage über das Erbrecht anhängig ist.

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht ist durch Auslegung des Testaments zu dem Ergebnis gekommen, daß der Erblasser die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin eingesetzt und die Beteiligte zu 2 mit Vermächtnissen bedacht hat. Die Wortwahl spreche dafür, daß der Erblasser der Beteiligten zu 2 genau festgelegte Gegenstände, nämlich den Hälfteanteil an der Eigentumswohnung, den für die Lastenfreistellung dieser Wohnung notwendigen Geldbetrag und die Briefmarkensammlung habe zuwenden wollen. Die Wortwahl, daß die Ehefrau den gesamten übrigen Nachlaß erhalten solle, spreche dafür, daß der Erblasser von erheblichem weiteren Nachlaß ausgegangen sei, der seiner Ehefrau zufallen sollte und nicht seiner Tochter. Der Erblasser habe das Testament kurz nach seiner Scheidung und Wiederverheiratung im Alter von 49 Jahren errichtet. Zum damaligen Zeitpunkt habe die Tochter des Erblassers bei ihrer Mutter in der Eigentumswohnung gelebt. Es liege nahe davon auszugehen, daß der Erblasser für den Fall seines Todes habe sicherstellen wollen, daß die Wohnung in seiner „früheren Familie” verbleibe und sich an diesen Lebensumständen nichts ändere. Mit der Zuwendung seines Hälfteanteils an der Wohnung und der zur Lastenfreistellung notwendigen Geldmittel habe er dies erreicht und nach seiner Vorstellung die Tochter abgesichert. Im übrigen dürfte der Erblasser damit gerechnet haben, mit seiner zweiten Ehefrau weiteres Vermögen zu erwerben. Tatsächlich sei weiteres Vermögen hinzugekommen, ohne daß der Erblasser bis zu seinem Lebensende zwölf Jahre später sein Testament geändert habe. Dies spreche dafür, daß nach dem Willen des Erblassers die Beteiligte zu 2 am gesamten übrigen Nachlaß nicht beteiligt sein sollte. Diesem Erblasserwillen werde die Auslegung, daß die Beteiligte zu 1 Alleinerbin und die Beteiligte zu 2 Vermächtnisnehmerin ist, am ehesten gerecht; einer Ermittlung der Vermögenswerte des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung bedürfe es nicht.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Testamentsauslegung (§§ 133, 2084 BGB) ist Sache der Tatsacheninstanz. Sie ist vom Gericht der weiteren Beschwerde nur daraufhin zu überprüfen, ob sie nach den Denkgesetzen und ...

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