Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer letztwilligen Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 2065 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB müsse der Erblasser die Person oder Institution, die eine Zuwendung erhalten solle, selbst eindeutig bestimmen.
2. Die Verfügung eines Erblassers, sein Vermögen solle den Tieren zugute kommen, ist mehrdeutig. Darin könnte einerseits der Wille zum Ausdruck gekommen sein, die oder den gesetzlichen Erben mit einer Zweckauflage gemäß § 2193 Abs. 1 BGB bei der Anordnung einer Auflage lediglich deren Zweck festlegen, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung erfolgen soll, aber den Beschwerten überlassen.
Normenkette
BGB §§ 133, 1940, 2065, 2193
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts … vom 7. August 1987 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht … zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Am 20.12.1986 verstarb … der … Erblasser im Alter von 84 Jahren. Er war in einziger Ehe mit Johanna … verheiratet. Sie ist am 10.9.1986 verstorben. Der Erblasser hat sie allein beerbt. Kinder hatte der Erblasser nicht. Er war seit 1971 Mitglied des Tierschutzvereins Stadt- und Landkreis L. (Beteiligter zu 1). Als gesetzliche Erben kommen Abkömmlinge der Großeltern in Betracht, unter anderen die Beteiligten zu 2 bis 6.
Der Erblasser hat mehrere letztwillige Verfügungen errichtet, die er jeweils eigenhändig geschrieben und unterzeichnet hat. Das letzte Testament vom 23.11.1986 hat folgenden Wortlaut:
„Nachdem die Verwandten meiner lieben Verstorbenen wie jene von meiner Seite in ordentlichen Verhältnissen leben u. folglich keiner Unterstützung bedürfen, bestimme ich bei meinem plötzlichem Tode, daß das von meiner Frau u.mir zusammen gesparte Vermögen den Tieren zugute kommen soll.
Aufgrund eines schon lange vor dem Ableben meiner Frau geäußerten Wunsches sollen an Familie B. 3.000 (in Worten: dreitausend Mark überwiesen werden. Diese liegen längst zur Abholung bereit.
Sollte ich durch plötzlichen Tod ableben, dann soll unser ganzer Besitz den Tieren zugute kommen. Denn die Verwandten meiner Frau wie meine eigenen leben in geordneten Verhältnissen, sodaß sie keiner Unterstützung bedürfen).
Nur sind auf Wunsch meiner lieben Verstorbenen 3.000 Mark, in Worten dreitausend Mark an Familie B. zu überweisen.
Wer unsere Wohnung kaufen möchte, soll jedoch nicht nur den Schätzpreis bezahlen müssen, sondern auch die Extras, welche ich zu deren Vervollkommnung einbaute od, einbauen ließ. Sämtliche Decken und Außenwände sind mit Dämmplatten versehen.
Die Holzdecke im Wohnzimmer |
kostete |
7.900 M |
der elektrische Rolloantrieb |
” |
700 M |
Glastüre Abdeckplatte |
” |
500 M |
Rollo |
” |
500 M |
andere Heizung 1.178,– u. 636 |
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… M |
Boiler im Bad |
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1.200 M |
Die Extras dürften sich zusammen auf 14- bis 15000 M belaufen. Aus dem Erlös unserer Eigentumswohnung bitte ich |
Herrn H. |
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5 % zu überweisen. |
Den 23.11.86 |
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” |
Eine handschriftliche Erklärung des Erblassers ohne Datum lautet wie folgt:
„Von dem von meiner Frau u. mir zusammen gesparten Guthaben 300 000 in Worten Dreihunderttausend DM als Spende an den World Wildlife Fund zu überweisen. Der Restbetrag soll dem Roten Kreuz überwiesen werden. Der Verkaufserlös meiner Eigentumswohnung soll den aus der Familie H. stammenden Kindern zugeteilt werden. Der Käufer der Wohnung soll nicht den geschätzten Preis dafür zahlen müssen, sondern auch die Extras, welche ich zur Vervollkommnung einbauen ließ. Sollte ich plötzlich durch Tod abgehen.”
Zwei durchstrichene Erklärungen des Erblassers vom 16.11.1986 enthalten übereinstimmende Verfügungen dahin, daß von dem Sparguthaben in Höhe von 465 800 DM ein Betrag von 300 000 DM an den World Wildlife Fund ausgezahlt werden solle sowie 100 000 DM an das Rote Kreuz, der Rest an ein Tierheim. Der Verkaufserlös der Eigentumswohnung solle den aus der Ehe von H. stammenden Kindern zugeteilt werden. Eine dieser Erklärungen enthält außerdem eine Zuwendung vom 3 000 DM an die Familie B. sowie den weiteren, nicht durchstrichenen Zusatz:
„Mein letzter Wille
Unser gesamter Besitz soll den Tieren zugute kommen …”
Eine weitere, nicht durchstrichene letztwillige Verfügung vom 16.11.1986 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Mein letzter Wille
Sollte ich durch plötzlichen Tod ableben, dann soll unser ganzer Besitz den Tieren zugute kommen …”
Der Beteiligte zu 1 hat beim Amtsgericht … einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben aufgrund des Testaments vom 23.11.1986 ausweisen soll. Die Beteiligten zu 2 bis 6 sind dem Antrag entgegengetreten.
Das Nachlaßgericht hat Nachlaßpflegschaft angeordnet. Durch Vorbescheid vom 29.4.1987 hat es einen Erbschein des Inhalts angekündigt, daß der Erblasser aufgrund des Testaments vom 23.11.1986 von dem Beteiligten zu 1 allein beerbt worden sei.
Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt. Der Beteiligte zu 1 ist der Beschwerde entgegengetreten. Durch Beschluß vom 7.8.1987 hat das Landgericht den Vorbescheid des Nachlaßgerichts aufgehoben. ...