Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen. Kostenentscheidung nach Zurücknahme der sofortigen Beschwerde

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 925/98)

AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 51/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 15. Dezember 1998 abgeändert.

II. Der Antragsteller hat die den Antragsgegnern im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.500 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus acht Wohnungen bestehenden Anlage. Der Antragsteller hat beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 17.10.1997 für ungültig zu erklären. Zur Begründung hat er vorgetragen, daß es an einer ordnungsmäßigen Einberufung gefehlt habe, da das Einberufungsschreiben des Verwalters nicht unterzeichnet war. Der Verwalter habe, ohne zum Leiter der Versammlung gewählt worden zu sein, ihn und seine Ehefrau massiv an der Ausübung der Eigentümerrechte behindert, ihm in rechtswidriger Weise das Rederecht entzogen und mit dem zwangsweisen Ausschluß aus der Versammlung bedroht, weil er sich nicht in die Anwesenheitsliste eintragen wollte. Um dem gewaltsamen Ausschluß aus der Versammlung zuvorzukommen, hätten er und seine Ehefrau diese verlassen. Außerdem trägt der Antragsteller vor, daß die Abrechnung des weiteren Beteiligten insbesondere bei der Instandhaltungsrücklage falsch sei.

Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluß vom 17.3.1998 abgewiesen. Zwar fehle es an einer formell ordnungsmäßigen Einberufung, denn das Einberufungsschreiben müsse grundsätzlich eigenhändig unterzeichnet sein. Dies habe jedoch keinen Einfluß auf die Gültigkeit der in der Versammlung gefaßten Eigentümerbeschlüsse, wenn für den Empfänger erkennbar sei, daß das Schreiben vom Berechtigten stamme und wenn feststehe, daß der Mangel auf die Beschlußfassung ohne Einfluß geblieben sei.

So sei es hier. Der Antragsteller und seine Ehefrau seien zu Beginn der Versammlung anwesend gewesen. Daß sie die Versammlung verlassen hätten, beruhe letztlich auf einem selbständigen und eigenverantwortlichen Entschluß des Antragstellers. Das Gericht sei auch davon überzeugt, daß der Mangel der Einberufungsschreiben und die Abwesenheit des Antragstellers sich nicht auf die in der Versammlung gefaßten Beschlüsse ausgewirkt hätten. Die noch anwesenden sechs Wohnungseigentümer hätten sämtliche Beschlüsse einstimmig gefaßt. Der Antragsteller und dessen Ehefrau hätten bei weiterer Anwesenheit eine Beschlußfassung mit Stimmenmehrheit nicht verhindern können.

Der Antragsteller hat gegen den Beschluß des Amtsgerichts sofortige Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärte der Antragsteller laut Verhandlungsprotokoll „nach Besprechung der Sach- und Rechtslage und Anregung der Kammer, die Beschwerde zurückzunehmen”, daß er die sofortige Beschwerde zurücknehme.

Mit Beschluß vom 15.12.1998 hat das Landgericht dem Antragsteller die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten hat es ebenso wie das Amtsgericht nicht angeordnet. Es erscheine sachgerecht, daß die Beteiligten diese Kosten selbst trügen. Der Grundsatz, daß ein Rechtsmittelführer, der das Rechtsmittel zurücknimmt, die außergerichtlichen Kosten der Gegenseite zu tragen habe, gelte dann nicht, wenn die Zurücknahme auf der vom Gericht vermittelten Einsicht von der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruhe.

Die Antragsgegner haben gegen die Entscheidung sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie beantragen, dem Antragsteller auch ihre im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 2 und 4, § 27 Abs. 1 und 2, § 20a Abs. 2 FGG) und begründet; die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das Landgericht noch gemäß § 47 WEG über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist eine Ermessensentscheidung; das Rechtsbeschwerdegericht kann sie nur daraufhin überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insbesondere ob er wesentliche Gesichtspunkte außer acht gelassen hat, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (vgl. BayObLG WE 1993, 285 m.w.N.; BayObLGZ 1997, 149/151).

b) Hier hat das Landgericht wesentliche Gesichtspunkte außer acht gelassen und von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht. Es ist zunächst zutreffend davon aus...

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