Entscheidungsstichwort (Thema)
Sondernutzungsrechts
Leitsatz (amtlich)
Die Vereinbarung über die Zuweisung einer Terrassenfläche zur ausschließlichen Nutzung durch einen Wohnungseigentümer stellt einen schuldrechtlichen Vertrag dar, der keiner Form bedarf und auch konkludent abgeschlossen werden kann.
Ob und mit welchen Personen schon vor Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Vereinbarung überhaupt mit Bindung für die späteren Wohnungseigentümer abgeschlossen werden kann, bleibt offen.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 27.07.2001; Aktenzeichen 1 T 5696/01) |
AG München (Beschluss vom 01.03.2001; Aktenzeichen 483 UR II 358/00 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 27. Juli 2001 und des Amtsgerichts München vom 1. März 2001 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, daß die in dem Aufteilungsplan vom 14. März 1988 (Anlage II zur Teilungserklärung vom 18. März 1991) zwischen dem Gebäude und der gestrichelt umrandeten, grün schraffierten Fläche ausgewiesene nicht schraffierte Fläche nicht dem der Wohnung Nr. 1 zugewiesenen Sondernutzungsrecht, sondern dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer unterliegt.
Der Widerantrag wird abgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten sämtlicher Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 5.000 EUR festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzungen des Landgerichts München I und des Amtsgerichts München werden entsprechend abgeändert.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus einem um die Jahrhundertwende errichteten zweistöckigem Wohngebäude besteht. Der Antragsgegnerin gehört die im Erdgeschoß (Hochparterre) gelegene Wohnung Nr. 1, der Antragstellerin die im Ober- und Dachgeschoß gelegene Wohnung Nr. 2. Zum Anwesen gehört neben einem der Straßenseite zugewandten schmalen Vorgarten auch ein rückseitiger Garten. Das Wohnungseigentum wurde gemäß Teilungserklärung vom 18.3.1991 durch die Mutter der Antragsgegnerin, der das Haus damals allein gehörte, begründet. Die Mutter der Antragsgegnerin übertrug sodann gegen Leibrente das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 2 auf die Antragstellerin, ihre damalige Schwiegertochter. Die Wohnung Nr. 1 übereignete sie im Wege der Schenkung ihrem Sohn, dem damaligen Ehemann der Antragstellerin, der seinerseits im Jahr 1995 die Wohnung an seine Schwester, die Antragsgegnerin, aufließ.
Die Gemeinschaftsordnung enthält in § 5 zum Gebrauch der nicht überbauten Flächen unter Verweis auf den beigefügten Lageplan (Anlage II) folgende Regelung:
- Die mit der Nr. 1/2 versehene, orange schraffierte Fläche (= Vorgarten) steht allen Eigentümern zur gemeinschaftlichen Nutzung zu.
- Die mit der Nr. 1 versehene, grün schraffierte Fläche (Garten) steht dem Eigentümer der Wohnung Nr. 1 zum ausschließlichen Gebrauch zu.
Außerdem ist festgelegt, daß jeder Wohnungseigentümer das Recht der Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen hat, soweit sich nicht Beschränkungen aus der Teilungserklärung ergeben.
Nach dem auch zum Inhalt des Grundbuchs gewordenen Lageplan befindet sich zwischen dem Gebäude und der grün schraffierten Gartenfläche eine weitere nicht schraffierte Freifläche. Diese ist in der Natur mit Platten versehen und wird als Terrasse genutzt. Unter den Beteiligten herrscht Streit, ob diese der Wohnung Nr. 1 als Sondernutzungsfläche zugewiesen ist.
Die Antragstellerin hat die Feststellung beantragt, daß die nicht schraffierte Freifläche dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer unterliege. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber beantragt festzustellen, daß an der Grundstücksfläche ein Sondernutzungsrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Wohnung Nr. 1 bestehe. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme am 1.3.2001 den Antrag abgewiesen und dem Gegenantrag stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluß vom 27.7.2001 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist erfolgreich. An der nicht schraffierten Fläche unmittelbar hinter dem Wohngebäude wurde weder ein dinglich wirkendes noch ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht begründet. Demnach ist gemäß dem Antrag zu entscheiden und der Gegenantrag abzuweisen.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Ein dingliches Sondernutzungsrecht, welches voraussetze, daß es in der Teilungserklärung begründet und ins Grundbuch eingetragen worden sei, bestehe an der Terrasse nicht. Der Lageplan ordne deren Fläche, anders als den hinteren Gartenteil, keiner der beiden Wohnungen zu. Sie gehöre auch nicht zum Sondereigentum der Wohnung Nr. 1. Mündliche Erklärungen und Vorstellungen der Beteiligten bei der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum änderten wegen des sachenrechtliche...