Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Einwilligung des Vaters in eine Stiefkindadoption wegen Nichtzahlung des Unterhalts bzw. fehlendem Interesse am Schicksal des Kindes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtzahlung von Unterhalt begründet für sich genommen keine gröbliche Pflichtverletzung, welche die Ersetzung der Einwilligung des Vaters in eine Annahme des Kindes rechtfertigen könnte.
2. Bei der Entscheidung darüber, ob ein Elternteil durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist, kommt es darauf an, ob der Elternteil gemessen an den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Interesse am Schicksal des Kindes bekundet hat. In diesem Zusammenhang kann es daher, insbesondere bei einer Stiefkindadoption, von Bedeutung sein, ob der sorgeberechtigte andere Elternteil die Kontaktaufnahme zu dem Kind erschwert oder verhindert hat.
Normenkette
BGB § 1748 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Beschluss vom 08.12.1997; Aktenzeichen T 122/97) |
AG Viechtach (Aktenzeichen XVI 11/95) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Deggendorf vom 8. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben dem Beteiligten zu 5 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 10.000 DM festgesetzt.
IV. Den Beteiligten zu 1 und 2 wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde rückwirkend zum 6. März 1998 Prozeßkostenhilfe bewilligt.
Tatbestand
I.
Die 13 Jahre alte A und der 11 Jahre alte B sind die ehelichen Kinder der Beteiligten zu 3 und 5. Die Eltern, die beide aus Polen stammen, hatten bereits dort getrennt gelebt. Im Oktober 1988 wurde ihre Ehe in Deutschland geschieden. Kurz zuvor waren sie, die Mutter mit den beiden Kindern, nach Deutschland übersiedelt. Die elterliche Sorge für die Kinder wurde der Mutter übertragen. Der Vater wohnt bei seinen Eltern in Nordrhein-Westfalen. Er hat dort bis 1991/92 gearbeitet, seither ist er arbeitslos. Die Mutter lebt seit 1992 mit dem Beteiligten zu 4 zusammen. Die Kinder wachsen in diesem Haushalt auf 1995 haben die Mutter und der Beteiligte zu 4 geheiratet. Alle Beteiligten besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Zu notarieller Urkunde vom 24.11.1995, beim Vormundschaftsgericht eingegangen am 1.12.1995, hat der Beteiligte zu 4 beantragt, die Annahme der beiden Kinder durch ihn auszusprechen. Die Mutter hat, auch namens der Kinder und in ihrer Eigenschaft als Ehefrau des Beteiligten zu 4, in die Annahme eingewilligt. Der Beteiligte zu 5 hat als Vater die Einwilligung verweigert. Daraufhin haben die beiden Kinder die Ersetzung dieser Einwilligung beantragt.
Das Vormundschaftsgericht hat nach persönlicher Anhörung der Beteiligten zu 1 bis 4 die Ersetzung abgelehnt. Die Kinder haben hiergegen Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat alle Beteiligten erneut angehört und sodann das Rechtsmittel mit Beschluß vom 8.12.1997 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Kinder. Sie haben für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe beantragt.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zutreffend die Ersetzung der Einwilligung des Vaters allein auf der Grundlage des § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht gezogen, weil eine den Vorschriften des § 1748 Abs. 1 Satz 2 (besonders schwere Pflichtverletzung) bzw. Abs. 3 (Erziehungsunfähigkeit infolge psychischer Krankheit oder Behinderung) entsprechende Fallgestaltung offensichtlich nicht gegeben ist. Es hat angenommen, daß ein Fehl verhalten des Vaters, wie es § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB voraussetzt, nicht vorliegt. Dies ist aus Rechtsgründen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht zu beanstanden.
a) Das Landgericht hat eine nachhaltige und gröbliche Pflichtverletzung des Vaters gegenüber den Kindern verneint. Der Vater habe zwar seit 1992 keinen Unterhalt mehr gezahlt, sei aber insoweit wegen Arbeitslosigkeit nicht leistungsfähig gewesen. Auch daß der Vater die Kinder zuletzt 1989 besucht und auch sonst nur gelegentlich Kontakt zu ihnen gehabt habe, könne ihm angesichts der weiten Entfernung seines Wohnorts von dem der Kinder, seiner beschränkten finanziellen Möglichkeiten und der ablehnenden Haltung der Mutter der Kinder nicht vorgeworfen werden. Diese Würdigung der festgestellten Tatsachen ist rechtsfehlerfrei, weitere Ermittlungen (§ 12 FGG) waren nicht erforderlich.
aa) Das Landgericht hat zutreffend auf die dem Vater nach der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter noch obliegenden Pflichten abgestellt (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 55), nämlich die Unterhaltspflicht und die Pflichten, die sich aus der Befugnis zum persönlichen Umgang mit den Kindern ergeben (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 1348/1349).
bb) Der Vater hat nach den Feststellungen des Landgerichts den von ihm geschuldeten Unterhalt bis 1992 nur teilweise, ab 1992 gar nicht mehr bezahlt. Hieraus...