Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Verfahrensgang

AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 167/90)

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 804/91)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 1. Juni 1992 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 24.844 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Antragstellerin die auf ihrer Dachterrasse verlegte Humusschicht beseitigen muß und die dadurch entstehenden Kosten selbst zu tragen hat. Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Senatsbeschluß vom 12.9.1991 Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 14.11.1990, durch den sie zur Beseitigung des Humus auf ihre Kosten verpflichtet worden war, für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 28.2.1991 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat nach Zurückverweisung der Sache durch Senatsbeschluß vom 12.9.1991 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluß entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Antragstellerin sei zur Beseitigung der Humusschicht verpflichtet. Die Humusschicht gehöre zum Sondereigentum der Antragstellerin. Von dem im Humus enthaltenen Wurzelwerk gehe eine Gefahr für das Gemeinschaftseigentum aus. Aufgrund des Sachverständigengutachtens stehe nämlich fest, daß kein Durchwurzelungsschutz vorhanden und somit eine latente Gefahr von Durchwurzelungsschäden gegeben sei.

Die Antragstellerin sei ferner verpflichtet, die Beseitigungskosten selbst zu tragen. Eine Selbstbindung der Eigentümergemeinschaft sei nicht dadurch eingetreten, daß diese die Beseitigungskosten bei einer entsprechenden Maßnahme im Nachbaranwesen selbst getragen habe. Die Wohnungseigentümer seien im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung verpflichtet, solche Kosten den einzelnen Wohnungseigentümern aufzuerlegen. Sollte in einem früheren Fall von diesem Grundsatz einmal zu Unrecht abgewichen worden sein, würden die Wohnungseigentümer dadurch nicht verpflichtet, künftig in gleicher Weise zu verfahren.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin gehört die Humusschicht auf ihrer Dachterrasse zum Sondereigentum. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 12.9.1991 ausgesprochen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich aus dem im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Schreiben des Architekten der Anlage etwas anderes ergeben soll. Abgesehen davon ist neuer Sachvortrag, zumal unter Beweisantritt, im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässig.

b) Die Antragstellerin ist als Störerin verpflichtet, das Erdreich auf ihre Kosten abzutragen (Palandt/Bassenge BGB 51. Aufl. § 1004 Rn. 24).

Eine Rechtspflicht der Wohnungseigentümer, hier von diesem Grundsatz abzuweichen, ist nicht dadurch begründet worden, daß sie in einem früheren – wie die Antragstellerin behauptet – gleichgelagerten Fall beschlossen haben, die Beseitigungskosten nicht dem Störer aufzuerlegen, sondern selbst zu tragen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz, auf den sich die Antragstellerin beruft, gilt nicht, wenn wie hier der frühere Eigentümerbeschluß – unterstellt, daß beide Fälle gleichgelagert sind – nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hat, weil die Beseitigungskosten nicht dem Störer auferlegt worden sind. Abgesehen davon kann sich die Antragstellerin auch deshalb nicht auf den Vertrauenstatbestand (§ 242 BGB) berufen, weil sie selbst nicht vorträgt, aufgrund welcher konkreter Umstände sie darauf vertrauen durfte, daß die Wohnungseigentümer auch in ihrem Fall in gleicher Weise verfahren würden. Allein der Umstand, daß in einem anderen Fall anders entschieden wurde, ohne daß ersichtlich ist, welche Gründe dafür maßgebend waren, reicht für das Eingreifen des Vertrauenstatbestandes nicht aus.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 2 WEG.

 

Unterschriften

Dr. Herbst, Lehr, Dr. Delius

 

Fundstellen

Dokument-Index HI544642

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