Leitsatz (amtlich)
Bei der Zuständigkeitsbestimmung ist die Bindungswirkung eines Abgabebeschlusses zu beachten, es sei denn, der Abgabebeschluss ist offensichtlich unrichtig; hier: Abgabe eines Verfahrens, das Vergütungsansprüche aus einem mit dem Alleineigentümer sämtlicher Wohnungseigentumsrechte abgeschlossenen Hausverwaltervertrag zum Gegenstand hat, an das Wohnungseigentumsgericht.
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 121 C 38622/02) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 72-II 95/03) |
Tenor
Zuständig ist das AG – Streitgericht – München.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin, eine KG, ist Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin, das in Wohnungseigentum aufgeteilt ist. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin eine Hausverwaltervergütung i.H.v. 10.047,25 Euro nebst Zinsen geltend.
Nach Widerspruch gegen einen Mahnbescheid wurde das Verfahren an das im Mahnbescheid als zuständiges Gericht bezeichnete AG – Streitgericht – München abgegeben. Durch Beschluss vom 16.6.2003 hat sich das AG – Streitgericht – München für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG – Wohnungseigentumsgericht – Charlottenburg verwiesen. Dieses hat sich durch Beschluss vom 15.9.2003 ebenfalls für unzuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem BayObLG vorgelegt.
II. Das BayObLG ist in entspr. Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen dem Streitgericht und dem Wohnungseigentumsgericht berufen (BayObLG WE 1997, 432; NZM 1998, 975; NZM 2000, 388).
1. Eine Verfahrensunterbrechung ist durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters der Antragsgegnerin schon deshalb nicht eingetreten, weil die Antragsgegnerin durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten ist (§ 246 Abs. 1 ZPO). Der Widerspruch gegen den Mahnbescheid wurde für die Antragsgegnerin von dem durch die Vollmacht vom 21.7.2002 hierzu ermächtigten Z. eingelegt. Dieser ist damit als Verfahrensbevollmächtigter tätig geworden. Durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters ist die Vollmacht nicht erloschen (§ 86 ZPO; vgl. auch § 672 BGB).
2. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht dann bestimmt, wenn sich die Gerichte, deren Zuständigkeit in Betracht kommt, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Dies ist hier geschehen. Das für die Zuständigkeitsbestimmung erforderliche Gesuch liegt in der Vorlage durch das AG – Wohnungseigentumsgericht – Charlottenburg.
3. Als zuständiges Gericht ist das AG – Streitgericht – München zu bestimmen.
a) Eine Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte ist nur gegeben, wenn es sich um ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 WEG handelt. In Betracht kommt hier ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, das auf Antrag eines Wohnungseigentümers die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 i.V.m. §§ 26 bis 28 WEG zum Gegenstand hat. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Davon kann grundsätzlich erst dann ausgegangen werden, wenn mindestens zwei Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Erst dann ist die Gemeinschaft rechtlich voll eingerichtet und in Vollzug gesetzt (BayObLG v. 11.4.1990 – BReg. 2 Z 7/90, BayObLGZ 1990, 101 [103]). Allerdings bejaht die Rspr. die Anwendung der §§ 43 ff. WEG auch bei einer sog. werdenden oder faktischen, also noch nicht rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft (BayObLG NJW-RR 1996, 178). Eine solche liegt, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte noch in der Hand eines Eigentümers befinden, aber nur vor, wenn mindestens ein künftiger Wohnungseigentümer aufgrund eines gültigen Erwerbsvertrags eine Wohnung in Besitz genommen hat und für ihn eine Eigentumsvormerkung eingetragen ist (BayObLG v. 11.4.1990 – BReg. 2 Z 7/90, BayObLGZ 1990, 101 f.).
b) Nach diesen Grundsätzen sind für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch die Wohnungseigentumsgerichte nicht zuständig. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Antragstellerin ist Eigentümerin sämtlicher Wohnungseigentumsrechte die Antragsgegnerin. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte für das Bestehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor.
Bei der Zuständigkeitsbestimmung sind allerdings auch die Bindungswirkungen eines Verweisungsbeschlusses zu beachten (BayObLG WE 1997, 432). Der Verweisungsbeschluss des AG – Streitgericht – München ist nach Eintritt der formellen Rechtskraft für das Gericht, an das verwiesen wurde, grundsätzlich bindend (§ 46 Abs. 1 S. 3 WEG, § 17 a Abs. 2 S. 3 GVG).
Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Abgabebeschluss offensichtlich unrichtig ist, also jeder Rechtsgrundlage entbehrt und damit objektiv auf Willkür beruht (st. Rspr., z.B. BayObLG NZM 2000, 388 f.). Dies ist hier der Fall. Der geltend gemachte Anspruch ist auf den Hausverwaltervertrag vom 7.12.2000 gestützt. Dieser Vertrag enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um ein...