Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Vergütungsanspruch des Betreuers begründet eine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 1967 Abs. 1 BGB als eine vom Erblasser herrührende Schuld im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB.

2. Der Anspruch auf Entschädigung steht dem Berufsbeteuer nicht nur dann zu, wenn er nach § 1836 Abs. 2 BGB zu vergüten ist, sondern auch dann, wenn die Vergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB erfolgt.

 

Normenkette

BGB § 1967 Abs. 1, § 1836 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 12.09.1995; Aktenzeichen 4 T 1852/95)

AG Kempten (Aktenzeichen 5 XVII 38/94)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten vom 12. September 1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht bestellte die Beteiligte zu 1, eine ausgebildete Industriekauffrau, mit Beschluß vom 24.5.1994 zur Betreuerin der Betroffenen für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung, Vermögenssorge einschließlich Entscheidung über Wohnungsauflösung, sowie Entgegennahme und Öffnen der Post. Am 10.8.1994 erweiterte das Amtsgericht die Betreuung und ordnete einen Einwilligungsvorbehalt für Vermögensangelegenheiten an. Mit Beschluß vom 15.3.1995 entließ das Amtsgericht die Beteiligte zu 1 und bestellte an ihrer Stelle die Beteiligte zu 2 zur Betreuerin.

Am 19.3.1995 verstarb die Betroffene. Die Beteiligte zu 2 ist Miterbin.

Die Beteiligte zu 1 beantragte für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 1.9.1994 bis 2.4.1995 die Bewilligung einer Vergütung in Höhe von 5 520 DM (138 Stunden zu je 40 DM) aus der Staatskasse, am 22.5.1995 beantragte sie die Festsetzung gegen die Erben.

Mit Beschluß vom 14.6.1995 bewilligte das Amtsgericht der Beteiligten zu 1 eine Vergütung von 5 520 DM und bestimmte, daß diese gegenüber den Erben der Betroffenen geltend zu machen sei. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 setzte das Landgericht mit Beschluß vom 12.9.1995 die Vergütung auf 5 080 DM fest. Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 2 weitere Beschwerde ein, mit der sie allgemein die Verletzung des Gesetzes rügt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beteiligte zu 2 kann als Miterbin durch die Festsetzung der Vergütung im Sinne des § 20 Abs.1 FGG in ihren Rechten verletzt sein, da sie gemäß § 1967 BGB für die Vergütung der Betreuerin mithaftet

(BayObLG FamRZ 1994, 317).

Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beteiligten zu 1 stehe eine Vergütung zu, da sie Berufsbetreuerin sei; sie habe im Betreuungszeitraum 16 Betreuungen geführt. Der Anspruch der Betreuerin richte sich gegen die Erben, da die Betroffene nicht mittellos gewesen sei. Sie habe am 14.3.1995 ein Vermögen von 6 065,12 DM besessen. Die Bestimmungen über Schonvermögen fänden keine Anwendung, da diese bezweckten, dem Betroffenen Einkünfte und Vermögen für besondere Bedarfsfälle zu belassen; dieser Grund sei mit dem Tod der Betroffenen entfallen.

Für die Frage der Mittellosigkeit komme es nicht auf die wirtschaftliche Situation eines Betroffenen zum Zeitpunkt der Entstehung der Forderung oder ihrer Geltendmachung gegenüber dem Vormundschaftsgericht an, sondern auf den der Bewilligung. Erst zu diesem Zeitpunkt trete die Belastung des Betroffenen oder seiner Erben ein.

Die Vergütung sei in Höhe von 5 080 DM angemessen. Von den geltend gemachten Stunden könnten nur 127 Stunden anerkannt werden. Ein solcher Zeitaufwand sei im Hinblick auf die Aufgabenkreise und die Schwierigkeit der Betreuung nachvollziehbar.

Der Stundensatz von 40 DM könne jedenfalls nicht herabgesetzt werden. Eine Schätzung der Kammer führe zu dem Ergebnis, daß die Annahme eines niedrigeren Stundensatzes für eine Berufsbetreuerin nicht in Betracht komme.

Die erhobenen Vorwürfe wegen Schlechterfüllung und mangelnder Betreuung habe das Prozeßgericht zu entscheiden.

2. Diese Ausführungen halten der in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Das Vormundschaftsgericht kann die Vergütung des Betreuers auch nach dem Tod des Betroffenen festsetzen (vgl. BayObLGZ 1989, 169/171).

Für die Frage, ob dem Betreuer wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen den Betroffenen oder wegen dessen Mittellosigkeit gegen die Staatskasse zusteht, ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (§ 23 FGG; BGH NJW 1980, 891/892; BayObLGZ 1964, 71/73; Bassenge/ Herbst FGG/RPflG 7.Aufl. § 23 Rn.2; Keidel/Kuntze FGG 13.Aufl. § 23 Rn.2; Jansen FGG 2.Aufl. § 23 Rn.12). Ist der Betroffene jedoch bereits verstorben, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Todes maßgebend, weil ein Vergütungsanspruch gegen die Erben nur gemäß § 1922, § 1967 BGB in Betracht kommt. Verfügt der Betroffene bei Eintritt seines Todes über Vermögen, so ist dieses in vollem Umfang bei der Festsetzung der Vergütung zu berücksichtigen.

aa) Der Vergütungsanspruch begründet eine Nachlaßverbindlichkeit gemäß § 19...

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