Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker und Erben kann ein wichtiger Grund zur Entlassung sein.
2. Ein derartiger Interessengegensatz kann schon durch den Umstand begründet sein, daß der Testamentsvollstrecker zugleich Nießbraucher am Nachlaß ist.
3. Auch das Bestehen zahlreicher Rechtsstreitigkeiten zwischen einem der Erben und dem Testamentsvollstrecker kann auf das Bestehen eine Entlassung rechtfertigender Interessengegensätze hindeuten.
Normenkette
BGB § 2361 Abs. 1, § 2388 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 14.08.1986; Aktenzeichen 4 T 392/86) |
AG Mühldorf a. Inn (Beschluss vom 21.01.1986; Aktenzeichen VI 20/69 N) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 wenden die Beschlüsse des Landgerichts Traunstein vom 14. August 1986 und des Amtsgerichts – Nachlaßgericht – Mühldorf a. Inn vom 21. Januar 1986 aufgehoben.
II. Das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Mühldorf a. Inn wird angewiesen, den Beteiligten zu 2 als Testamentsvollstrecker zu entlassen.
Tatbestand
I.
1. Am 6.2. … verstarb in … der zuletzt in … wohnhafte ledige und kinderlose Gutsbesitzer … (Erblasser) im Alter von … Jahren. Er hatte mit notariellem Vertrag vom 20.1.1969 den Beteiligten zu 1, einen Sohn des Universitätsprofessors … … und seiner inzwischen verstorbenen Schwester …, an Kindes Statt angenommen; der Vertrag wurde durch Beschluß des früheren Amtsgerichts Neumarkt-St. Veit vom 19.2.1969 (X 10/69) bestätigt. Der Beteiligte zu 2 ist ein Schwager des Erblassers; er war mit dessen im Jahre 1970 verstorbener Schwester … (…) verheiratet.
Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus dem Schloßgut … samt Ländereien, Brauerei und Elektrizitätswerk sowie aus einem Viertelanteil an einem größeren Grundbesitz in der im Zeitpunkt des Erbfalls von der belgischen Regierung beschlagnahmt war.
Der Erblasser hinterließ ein eigenhändig geschriebenes und von ihm unterschriebenes Testament vom 4.7.1968, das wie folgt lautet:
„Mein Testament
Im Namen der hl. Dreifaltigkeit setze ich … als alleinigen Erben meines gesamten Vermögens und Besitzes ein. – Ich setze meine Schwester … und meinen Schwager … als Nutznisser des Gutes und Vermögens ein und danke Ihm für die uneigennützige Rettung des Gutes. – Ich bitte, um 500 hl. Messen, den Taufstein, und das Häuschen für die Krankenschwestern zu errichten und erbauen. – Sollte das belgische Vermögen meiner Mutter zurückkommen, so setze ich für meinen Anteil als Verwalter … ein und bitte es für die Kinder meines Bruders … zu verwenden. – Falls … ohne männliche Nachkommen bleibt so wünsche ich, daß das Gut … einem katholischen geeigneten … vererbt wird. – Als Testamentsvollstrecker setze und bestimme ich … – Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Testaments nichtig sein, so will ich trotzdem, daß die gültigen Bestimmungen ihre Wirksamkeit behalten. –
… den 4. Juli 1968
…”
In einem privatschriftlichen Testament vom 9.8.1965 hatte der Erblasser seine Schwester … als Alleinerbin eingesetzt; in einem „Testamentsnachtrag” vom 16.3.1966 hatte er seinen Schwager … für die Dauer von 5 Jahren nach seinem Ableben zum Testamentsvollstrecker ernannt.
2. Mit Verfügung vom 16.7.1969 bewilligte das damalige Amtsgericht Neumarkt-St. Veit einen Erbschein, demzufolge der Erblasser aufgrund des Testaments vom 4.7.1968 vom Beteiligten zu 1 allein beerbt und Testamentsvollstreckung angeordnet worden sei. Nachdem der Beteiligte zu 2 erklärt hatte, er nehme das Amt des Testamentsvollstreckers an, bewilligte das Nachlaßgericht am 18.7.1969 ein „Gemeinschaftliches Testamentsvollstreckerzeugnis” mit folgendem Inhalt:
„Der Landwirt …, wohnhaft in … und der Schloßgutsbesitzer …, wohnhaft in … sind zu Testamentsvollstreckern über den Nachlaß des am 6. Februar … in … verstorbenen, zuletzt in … wohnhaft gewesenen Gutsbesitzers … …, geboren am 6. November … in ernannt worden.
Der Erblasser hat angeordnet, daß … das … Vermögen seiner Mutter allein verwaltet. Im übrigen verwaltet den gesamten Nachlaß … allein.”
Eine Ausfertigung dieses Zeugnisses wurde dem Beteiligten zu 2 übersandt. Zu seinen Gunsten wurde an den zum Nachlaß gehörenden Grundstücken der Nießbrauch im Grundbuch eingetragen.
Auf einen Antrag eines Bruders und zweier Neffen des Erblassers, den Erbschein vom 16.7.1969 einzuziehen, stellte das nunmehr zuständige Amtsgericht Mühldorf a. Inn mit Beschluß vom 5.10.1971 fest, daß der Erbschein vom 16.7.1969 richtig sei. Die hiergegen eingelegten Beschwerden wurden durch Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 4.1.1972 (4 T 347/71) zurückgewiesen. Die weiteren Beschwerden hat der Senat mit Beschluß vom 3.8.1972 (BReg. 1 Z 16/72) zurückgewiesen. Er hat dabei die Auffassung vertreten, daß der Beteiligte zu 1 alleiniger Vollerbe geworden sei, und daß der Erblasser keine Nacherbfolge angeordnet habe.
Mit notariellem Vertrag vom 31.8.1970 hat der inzwischen verwitwete Beteiligte zu 2 den Nießbrauch an der zum Nachlaß gehörenden B...