Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Erwachsenenadoption (vgl. BayObLGZ 2002 Nr. 39) in einem Fall, in dem in den ersten neun Jahren des Lebens des Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis zum Annehmenden entstanden ist, das sich bis zum Tod des Annehmenden durch gemeinsame Arbeit in der Landwirtschaft fortgesetzt hat.
Normenkette
BGB § 1741 Abs. 1 S. 1, § 1753 Abs. 2, § 1767
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 1869/01) |
AG Landshut (Aktenzeichen XVI 16/01) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) werden der Beschluss des LG Landshut vom 27.11.2001 und der Beschluss des AG Landshut vom 11.6.2001 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das AG Landshut zurückverwiesen.
Gründe
I. Der 1935 geborene ledige und kinderlose Beteiligte zu 1) und der 1967 geborene ebenfalls ledige und kinderlose Beteiligte zu 2) haben mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 27.4.2001 beantragt, die Annahme des Beteiligten zu 2) als Kind des Beteiligten zu 1) auszusprechen. Nach der notariellen Beurkundung wurde der Notar damit betraut, den Antrag beim VormG einzureichen; dort ist der Antrag am 30.4.2001 eingegangen. Der Beteiligte zu 1) ist am 2.5.2001 verstorben.
Der Beteiligte zu 2), ein Neffe des Beteiligten zu 1), ist nichtehelich geboren und hat die ersten neun Jahre seines Lebens zusammen mit seiner Mutter und dem Beteiligten zu 1), seinem Onkel, ohne leiblichen Vater im Anwesen der Großeltern verbracht. Nach der Eheschließung seiner Mutter zog er mit dieser dort aus und wurde in den gemeinsamen Haushalt seiner Mutter und seines Stiefvaters aufgenommen. Er blieb dem Beteiligten zu 2) jedoch insb. durch gemeinsame Arbeit in der Landwirtschaft persönlich verbunden.
Das VormG hat den Adoptionsantrag des Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 11.6.2001 zurückgewiesen. Dagegen hat der Beteiligte zu 2) Beschwerde eingelegt. Das LG hat den Beteiligten zu 2) nochmals angehört sowie die Mutter und den Stiefvater des Beteiligten zu 2), einen Bruder und einen Freund des Beteiligten zu 1) und eine weitere Verwandte als Zeugen vernommen. Mit Beschluss vom 27.11.2001 hat das LG die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).
II. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig; insb. ist die Beschwerdeberechtigung (§ 20 FGG) des Beteiligten zu 2) gegeben. Anders als bei der Annahme Minderjähriger, für die kein Antrag des Kindes, sondern lediglich dessen Einwilligung erforderlich ist (§ 1746 Abs. 1 S. 1 BGB), setzt die Annahme Volljähriger auch einen Antrag des Volljährigen voraus (§ 1768 Abs. 1 S. 1 BGB). Aus der Ablehnung dieses Annahmeantrags ergibt sich im Verfahren der Erwachsenenadoption ohne weiteres die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2). Die für den Fall der Annahme eines Kindes str. Frage, ob im Falle des Todes des Annehmenden vor der abl. gerichtlichen Entscheidung eine Beschwerdeberechtigung des Kindes gegeben ist (verneinend: Keidel/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 56e Rz. 30; Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1752 Rz. 4; bejahend Maurer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1752 Rz. 17; Soergel/Liermann, BGB, 13. Aufl., § 1753 Rz. 4; Staudinger/Frank, BGB, 13. Aufl., § 1753 Rz. 5), kann hier dahingestellt bleiben.
2. Das LG hat ausgeführt, nach Würdigung der erhobenen Beweise bestünden begründete Zweifel daran, dass beim Ableben des Beteiligten zu 1) und bei der wenige Tage zuvor erfolgten Beurkundung des Adoptionsantrags zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) bereits ein die Annahme sittlich rechtfertigendes Eltern-Kind-Verhältnis bestanden habe. Zwischen den Beteiligten sei zwar eine enge Beziehung vorhanden gewesen, deren Grundlage das gemeinsame Betreiben der Landwirtschaft und die testamentarisch abgesicherte Erwartung der Hofnachfolge durch den Beteiligten zu 2) gewesen sei. Möglicherweise sei der Beteiligte zu 1) für den Beteiligten zu 2) in den ersten neun Jahren seines Lebens auch ein Vaterersatz gewesen. Daraus folge jedoch nicht, dass der Beteiligte zu 1) eine solche Stellung in den seither vergangenen mehr als 20 Jahren bis zu seinem Tod weiterhin innegehabt habe. Die Zeugenaussagen in ihrer Gesamtheit böten hierfür keine hinreichend überzeugenden Anhaltspunkte. Gegen ein Vater-Sohn-Verhältnis zwischen den Beteiligten spreche auch, dass der Beteiligte zu 2) nach seinen eigenen Angaben irgendwie auch den Ehemann seiner Mutter als Vater angesehen habe. Die Zweifel an einem durchgängig bestehenden Eltern-Kind-Verhältnis könnten allerdings zurückgestellt werden, wenn dem nicht der Umstand entgegenstünde, dass der Beteiligte zu 1), als er ein Jahr vor seinem Tod auf die Möglichkeit der Adoption hingewiesen worden sei, diese nicht gewollt habe. Nach dieser Sachlage bestehe ein Interesse an der Adoption lediglich unter dem Gesichtspunkt der Ersparnis von Erbschaftssteuer.
3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO a.F.) nicht stand.
a) Zutreffe...