Entscheidungsstichwort (Thema)
Entlassung der Testamentsvollstreckerin. Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob der vom Landgericht festgestellte Sachverhalt die Merkmale des Rechtsbegriffs „wichtiger Grund” im Sinn von § 2227 Abs. 1 BGB erfüllt, ist eine vom Gericht der weiteren Beschwerde nachprüfbare Rechtsfrage.
2. Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist im weiten Sinn zu verstehen und setzt kein Verschulden voraus. Sie kann sich aus Untätigkeit ergeben und aus dem Unvermögen, die Auseinandersetzung in gehöriger Weise durchzuführen, weil der Testamentsvollstrecker den ihm gestellten Aufgaben nicht gewachsen ist und damit die Interessen der Beteiligten erheblich gefährdet.
Normenkette
BGB § 2227
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.03.1990; Aktenzeichen 13 T 7128/89) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 2001/88) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22. März 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2, 3 und 6 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 152.800 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der … 1988 verstorbene Erblasser hat in einem privatschriftlichen Testament vom 2.12.1981 die Beteiligten zu 2 und 3 als Erbinnen eingesetzt. Zu Beginn der 15 Seiten umfassenden letztwilligen Verfügung ist folgendes ausgeführt:
…
Ich ersuche Frau Rechtsanwältin G. … die Abwicklung meines Nachlaßes als Testamentsvollstreckerin zu übernehmen. Sollte sie dies jedoch nicht wollen oder aus irgendeinem Grunde nicht können, dann bitte ich das Nachlaßgericht eine andere geeignete Person damit zu betreuen; wenn möglich einen, eventuell pensionierten Beamten des Nachlaßgerichtes
…
Nach einer Reihe von Teilungsanordnungen hinsichtlich der in den Nachlaß fallenden Grundstücke, von Vermächtnissen zugunsten der übrigen Beteiligten sowie nach Vorausvermächtnissen zugunsten der Erbinnen enthält das Testament noch folgende Anordnung:
Generell: Die einzelnen Positionen sind Zug um Zug schnellstens aufzulösen. Die Kosten für die Auflösung der jeweiligen Positionen haben die darin Bedachten in deren Anteilverhältnis zu tragen.
Der Wert des Nachlasses beträgt rund 1.528.000 DM.
Nachdem die im Testament genannte Beteiligte zu 1 erklärt hatte, sie nehme das Testamentsvollstreckeramt an, erteilte ihr das Nachlaßgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis vom 30.6.1988.
Mit Schriftsatz vom 17.7.1989 beantragten die als Erbinnen eingesetzten Beteiligten zu 2 und 3, die Testamentsvollstreckerin zu entlassen, weil diese „völlig untätig” geblieben sei und nichts Erkennbares unternommen habe, um die Nachlaßauseinandersetzung zu fördern. Diesen Anträgen gab das Nachlaßgericht statt und entließ die Beteiligte zu 1 mit Beschluß vom 16.8.1989 aus ihrem Amt. Gegen diese ihr am 21.8.1989 zugestellte Entscheidung legte die Beteiligte zu 1 am 30.8.1989 sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluß vom 22.3.1990 wies das Landgericht die sofortige Beschwerde zurück und ordnete an, daß die Beteiligte zu 1 die den übrigen Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten habe. Der Geschäftswert wurde auf 152.800 DM festgesetzt.
Die Beteiligte zu 1 legte gegen den ihr am 7.4.1990 (einem Samstag) zugestellten Beschluß sofortige weitere Beschwerde ein, die beim Bayerischen Obersten Landesgericht am 23.4.1990 (einem Montag) eingegangen ist. Sie beantragt, die Entscheidungen des Landgerichts und des Nachlaßgerichts aufzuheben. Die Beteiligten zu 2, 3 und 6 beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Mit einer einstweiligen Anordnung vom 17.5.1990 hat der Senat der Beteiligten zu 1 die Fortführung des Testamentsvollstreckeramts bis zur Entscheidung über die weitere Beschwerde gestattet.
Entscheidungsgründe
II.
Das als sofortige weitere Beschwerde gemäß §§ 27, 81, 29 Abs. 2 FGG statthafte Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 und 4, § 22 Abs. 1, § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 FGG; § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB; § 17 Abs. 2 FGG) und somit zulässig. Es ist aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Zu Recht habe das Nachlaßgericht die Voraussetzungen für eine Entlassung der Testamentsvollstreckerin bejaht. Die Beteiligte zu 1, deren Aufgabe nach dem Testament in der Abwicklung des Nachlasses und nicht in dessen Dauerverwaltung bestehe, sei seit Aufnahme eines notariellen Nachlaßverzeichnisses am 22.6.1988 nahezu ein Jahr lang untätig gewesen. Im Juni 1989 habe sie ein Wertgutachten eingeholt, als die Erbinnen auf beschleunigte Erledigung gedrängt hätten. Erst nach Erlaß des Entlassungsbeschlusses hätten ihre Aktivitäten einen einigermaßen akzeptablen Umfang angenommen. Deren Ergebnisse zeigten, daß die „steuerliche Seite” der Nachlaßabwicklung in wenigen Monaten hätte erledigt werden können. Die Testamentsvollstreckerin sei offenbar ohne den Druck...